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Schloss Cecilienhof wird saniert: Asche für die Eidechse

Die Sanierung des Schlosses Cecilienhof geht in die letzte Phase. Um Charme und Patina zu erhalten, wird enormer Aufwand betrieben. Nur mit dem Mieter gibt es Probleme.

Von Peer Straube

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Potsdam - Aus der Entfernung ist der Unterschied kaum auszumachen. An manchen Stellen scheinen die Ziegel mehr zu glänzen, aber die Farbabweichungen sind minimal – das Dach des Schlosses Cecilienhof sieht einheitlich rot-schwärzlich aus, so, als hätten Witterung, Moos und Flechtenbewuchs ihm über viele Jahrzehnte hinweg dieses Erscheinungsbild verliehen. Dabei ist ein rundes Drittel der 360 000 Dachziegel nagelneu, vor dem Brennen mit Pottasche geschwärzt – für den historischen Look.

Olaf Saphörster blickt zufrieden drein. Genau so soll es sein. Seit zweieinhalb Jahren lässt die Schlösserstiftung Dach und Fassade ihres jüngsten und letzten Hohenzollernschlosses sanieren, inzwischen ist die Hälfte geschafft. Saphörster ist Projektkoordinator für die knapp zehn Millionen Euro teure Maßnahme, die aus dem 155 Millionen Euro schweren Masterplan zur Rettung bedrohter Preußenschlösser bezahlt wird.

50 Kilometer Dachlatten werden nun eingebaut

Es ist die erste Generalinstandsetzung überhaupt an dem Schloss, das zwischen 1913 und 1917 nach Entwürfen von Paul Schultze-Naumburg für den Kronprinzen Wilhelm errichtet wurde. Dessen Frau Cecilie war Namenspatin für das Gebäude. 1,45 Millionen Reichsmark hat der Bau damals gekostet, eine enorme Summe. Und die Handwerker haben sehr solide gearbeitet. „Das ist der Grund, warum das Haus überhaupt noch steht“, sagt Saphörster. Seit Jahrzehnten gab es nur kosmetische Instandhaltungsarbeiten, entsprechend hoch ist der Aufwand, der nun getrieben werden muss. Allein die Dachlatten mussten fast vollständig ausgetauscht werden, weil sie komplett verrottet waren. 50 Kilometer Dachlatten werden nun neu eingebaut. Die historischen Dachziegel gehen von der Abnahme bis zur erneuten Eindeckung durch sieben Paar Hände, sagt Ayhan Ayrilmaz, der Architekturchef der Stiftung. Unter anderem werden sie von beiden Seiten mit einem Sauger gereinigt.

Damit die neuen unter den alten Ziegeln möglichst wenig auffallen, werden sie beim Eindecken gemixt. Der ursprünglich weiße Mörtel wird beige eingefärbt, um dem historisch-erdigen Ton nahezukommen. Zusätzlich wird Dachshaar beigemischt, um dem Mörtel Stabilität zu verleihen. „Das Haar verhindert, dass er bröselig wird“, erzählt Ayrilmaz.

Das imposante Dach mit seinen mehr als 50 Kaminen, die im englischen Tudor-Stil gestaltet sind, ist ein Hingucker für sich. Um fünf Innenhöfe herum erstreckt sich die Ziegellandschaft. „Schultze-Naumburg wollte, dass sich das Dach wie eine Eidechse über das Gebäude legt“, beschreibt Saphörster die Intention des Architekten.

Der orangefarbene Anstrich stammte aus DDR-Zeiten

Auch beim Putz und dem alten Eichenfachwerk wird behutsam vorgegangen. Der Putz wird nicht ausgetauscht, sondern nur abgestrahlt, sodass der ursprüngliche hellerdige Ton wieder zum Vorschein kommt. Der leicht orangefarbene Anstrich stammte aus DDR-Zeiten. Das Holz wird mit Bürsten gereinigt, nur an den Regenrinnen, wo Wasser eindrang und die Balken faulen ließ, muss in größerem Umfang neues Holz eingesetzt werden. Um es dem dunklen Ton des alten Fachwerks anzupassen, bekommt es einen Ölanstrich.

Am östlichen Teil des Schlosses, dort wo sich Wirtschaftshof und Hoteleingang befinden, kann man das Ergebnis bereits besichtigen, denn dort sind die Gerüste bereits abgebaut. „Unsere größte Sorge war, dass das Haus seinen Charme und seine Patina verliert“, sagt Ayrilmaz. „Das ist zum Glück nicht der Fall.“

Größte Herausforderung: Der Saal der Potsdamer Konferenz 1945

Die mit Abstand größte Herausforderung für die Restauratoren aber ist das Dach über dem wichtigsten aller Schlossräume, dem Saal, in dem 1945 die Potsdamer Konferenz stattfand. Als einziger Teil des Schlosses hat er für die Bauarbeiten ein Wetterdach bekommen, damit die Handwerker unabhängig von der Witterung arbeiten können. Anders als beim restlichen Schloss ruht das Dach über dem Konferenzsaal nicht auf Stahlbetondecken, sondern hat darunter eine abgehängte Decke. Drei bis vier Meter Zwischenraum liegen zwischen ihr und dem eigentlichen Dach. Im Konferenzsaal musste eigens ein Sicherheitsnetz aufgespannt werden, „denn wenn den Handwerkern oben ein Hammer aus der Hand fällt, würde der durch die Decke durchschlagen“, sagt Schlosskastellan Harald Berndt. Als „Operation am offenen Herzen“ bezeichnet Saphörster die Arbeiten am Dach über der Konferenzhalle.

Bis zu 80 Handwerker von 40 verschiedenen Firmen arbeiten in Spitzenzeiten auf der Baustelle. Mehr geht nicht – schließlich findet die Sanierung bei laufendem Betrieb statt, denn Cecilienhof ist einer der größten Besuchermagneten der Schlösserstiftung.

Dass die Arbeiten dennoch bislang im Kostenrahmen sind, grenzt fast an ein Wunder. Einen Architektenwechsel hat es gegeben, zudem meldeten zwei Firmen während der Bauphase Insolvenz an. Zu allem Überfluss habe man im Sommer auch einem der größten Auftragnehmer, einer Dachdeckerfirma, kündigen müssen, weil diese wegen Differenzen mit der Stiftung die Arbeit eingestellt habe, sagt Ayrilmaz. Der Fall liegt nun beim Gericht. Er sei „sehr zuversichtlich“, dass man die entstandenen Mehrkosten von rund 400 000 Euro von der Firma zurückbekommen werde, sagte der Chefarchitekt.

Schloss Cecilienhof wird erst 2018 fertig

Zeitlich haben die vielen Probleme und Bauabschnitte das Projekt aber zurückgeworfen. Statt wie geplant Ende 2017 wird das Schloss nun wohl erst im zweiten Quartal 2018 fertig. Fast der gesamte Westflügel muss äußerlich noch saniert werden, hinzu kommt noch die Gestaltung der Außenanlagen. Zum Schluss wird das Gebäude auch wieder mit Efeu berankt – wenn auch nicht mehr so stark wie vorher, damit die Wurzeln nicht das Bauwerk schädigen können. Im Januar beginnt der vierte und letzte Bauabschnitt.

Bangen muss die Stiftung allerdings um ihren Hauptmieter, das Schlosshotel, das von der Relexa-Gruppe betrieben wird und das drei Viertel des Schlosses in Beschlag nimmt. Im Frühjahr 2014 musste es wegen der Sanierung geschlossen werden, die Rückkehr schien nur eine Formsache. Ganz so sicher ist man sich bei der Stiftung allerdings nicht. „Wir führen Gespräche“, sagt Stiftungssprecher Frank Kallensee. Bei der Relexa-Gruppe wollte man auf die Frage, ob und wann der Hotelbetrieb weitergeht, keine Stellungnahme abgeben. Nach PNN-Informationen ist das Hotel für die im Innern nötigen Investitionen wie die Erneuerung der Elektroanlagen, des Brandschutzes und der Haustechnik zuständig. Auch die Hotelzimmer dürften wohl eine Generalüberholung vertragen können – die letzte Renovierung fand vor mehr als 20 Jahren statt. Bei der Stiftung geht man von einem hohen Millionenbetrag aus, der investiert werden müsste. Zahlen müsste das Unternehmen wohl in jedem Fall: Der Mietvertrag mit Relexa läuft noch bis 2024.

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