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Gott würfelt nicht: Sonntagsvorlesung zur Brownschen Molekularbewegung
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Gott würfelt nicht: Sonntagsvorlesung zur Brownschen Molekularbewegung An so etwas wie Zufall wollte Albert Einstein gar nicht glauben. „Gott würfelt nicht“, schrieb er 1926 in einem Brief an Max Born. Einstein glaubte, dass sich alle Phänomene mit den Naturwissenschaften berechnen ließen. Doch auch wenn der bedeutendste Physiker unserer Zeit etwas Ordnung in das Chaos bringen konnte, vollends zu entwirren schaffte er es nicht. Im Rahmen der Reihe „ Potsdamer Köpfe“ ging Prof. Dr. Jürgen Kurths von der Universität Potsdam vergangenen Sonntag im Alten Rathaus genau dieser Unberechenbarkeit der Natur auf den Grund. Vor etwa 60 Zuhörern sprach er über die Entwicklung von der „Brownschen Molekularbewegung“ bis zur Chaosforschung. Im Jahr 1905 habe der damals erst 26-jährige Albert Einstein nicht nur die spezielle Relativitätstheorie und den Lichtquanteneffekt entdeckt, erklärte Jürgen Kurths. „Er lieferte in seiner Doktorarbeit auch eine Erklärung für die chaotische Zick-Zack-Bewegung von Blütenpollen, die er in einer Flüssigkeit unter dem Mikroskop beobachtete“, so Kurths, der als Direktor des Interdisziplinären Zentrums für Dynamik komplexer Systeme tätig ist. Diese so genannte „Brownsche Molekularbewegung“, sei nach dem schottischen Botaniker Robert Brown benannt worden, der das Phänomen schon 1827 beobachten, jedoch nicht erklären konnte. „Einstein fand heraus, dass jener Zappel-Kurs der Pollen durch Wärme getriebene Atome und Moleküle hervorgerufen wird, die ihnen Stöße versetzen“, so Kurths. Den Physikern der damaligen Zeit habe das endlich den Beweis für die Existenz der bis dahin noch umstrittenen Atome geliefert. Da es wegen der großen Menge der Teilchen unmöglich war, jedes einzelne mit einer Gleichung zu versehen, ermittelte Einstein eine Art Mittelwert. „Er entwickelte ein Wahrscheinlichkeitsprinzip und verpasste dem Zufall so eine Formel“, erklärte Kurths. Unser Leben umgebe dieses Wahrscheinlichkeitsprinzip in nahezu allen Bereichen, immer dann wenn chaotische Systeme auftreten. Weder das Wetter, noch Erdbeben ließen sich eindeutig vorhersagen, und in der Medizin seien es zum Beispiel unsere Herzen, welche in chaotischen Rhythmen schlagen. Doch trotz seiner selbst aufgestellten Theorie habe Einstein nie annehmen wollen, dass es in der Natur tatsächlich so etwas wie „anarchische Willkür“, den Zufall, gibt. Man müsse nur die Ausgangsbedingungen einer jeden Situation kennen, um ihren zeitlichen Verlauf zu berechnen. Aus diesem Grund ist sich Kurths ohnehin sicher, dass es wenig Sinn machen würde gegen den Schöpfer zu spielen, denn „Gott würde immer gewinnen, weil er die Ausgangsbedingungen einer jeden Situation nun einmal kennt“, sagte er lachend. Als Jürgen Kurths eine Animation der „Brownschen Bewegung“ zeigen wollte, machten auch dem Chaosforscher die kleinen, doch noch unberechenbaren Ursachen einen Strich durch die Rechnung. Die Zuhörer sahen nur eine unscharfe braune Masse auf der Leinwand. Doch auch ohne dieses Anschauungsbeispiel dürfte es keinem der Besucher der Vorlesung schwer gefallen sein, den klaren, bildreichen Ausführungen des Professors zu folgen. Marion Schulz
Marion Schulz
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