Sport: Auch im Alter ein großes Rad drehen
Fahrräder für Senioren erweitern den Radius
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Inge Rathjen hat mit Herzproblemen zu kämpfen. Sie wohnt auf dem Lande bei Verden und der Kaufmannsladen ist nicht gerade um die Ecke. Außerdem macht sie gerne Ausflüge in die Gegend: das Land ist schön und grün, überall weiden Pferde. Aber selbst die norddeutsche Tiefebene hat ihre leichten Steigungen und die bringen ihr Herz zum Rasen. Also hat sie sich ein Fahrrad mit Motor gekauft, den sie nur anstellt, wenn ihr die Anstiege zu mühsam werden. Seitdem ist sie wieder fast täglich unterwegs.
Jörg Crux war früher einmal Amateurradrennfahrer. Heute quält ihn eine Arthrose in der Hüfte. Aber auf ein Elektrofahrrad mag er nicht steigen, denn er hat ja genug Kraft und Kondition. Nur über das Oberrohr kommt er eben nicht mehr mit seinen müden Knochen.
Der Trend ist eindeutig: Immer mehr Senioren steigen aufs Fahrrad. Das Problem ist nur: Schon der Begriff Senioren-Fahrrad löst Abneigung aus. Bevor die Interessenten auf ein Altenfahrrad oder Dreirad umsteigen, gehen sie lieber zu Fuß oder fahren U- und S-Bahn. Aber wie immer hat der Markt reagiert und bietet heute den jung gebliebenen Senioren Fahrräder an, die so gar nicht nach Alter aussehen und Komfortrad oder City-Bike heißen. Sie sind nur eben auf die Bedürfnisse von Menschen ausgerichtet, die mit eingerosteten Gelenken oder anderen Altersbeschwerden zu kämpfen haben.
Beim City-Bike fehlt am Rahmen das Oberrohr. Das ist gewissermaßen ein Unisex-Fahrrad, geeignet für beide Geschlechter. Auffällig ist ein solches Fahrrad mit niedrigem Einstieg schon lange nicht mehr – man denke nur an die Holländer-Fahrräder. Auf den City-Bikes sitzt es sich ähnlich wie auf den Holländern, man fährt nicht nach vorne geneigt, sondern thront aufrecht auf einem besonders bequemen Sitz und tritt mehr nach vorne als nach unten. Der Boden ist ziemlich nahe auf diesen Velos und die Unebenheiten der Straße werden durch eine extra starke Federung abgedämpft. Nabenschaltungen mit bis zu neun Gängen, Nabendynamo und Standlicht sind Standard dieser Bikes, deren Räder eher die Kindergröße von 20 Zoll haben und Reifen mit einem voluminöseren Ballonformat.
Manche Fahrräder für Senioren sind mit Hilfsmitteln ausgestattet. Sie richten sich an Menschen, die trotz altersbedingter Erkrankungen mobil bleiben wollen. Für sie sind Fahrräder mit drei Rädern im Angebot, die mehr Halt geben. Häufig sind auf diesen Dreirädern praktischerweise auch noch Körbe angebracht. Man muss nur einmal im Laden vorbeischauen oder sich durchs Internet klicken, um Vorbehalte zu verlieren. Die Dreiräder wirken nicht altbacken. Im Gegenteil: Das Design ist flott und ansprechend.
Und dann gibt es natürlich die Modelle mit einem kleinen Motor, der sich nach Bedarf anschalten lässt. Elektrofahrräder sind echte Renner. Die Branche dürfte in diesem Jahr etwa 300 000 Exemplare absetzen. Das wären doppelt so viele wie 2010. Diese sogenannten Pedelecs (Pedal Electric Cycle) sind – als Fahrräder mit eingebautem Rückenwind – bei gesundheitlichen Einschränkungen eine große Hilfe. Allerdings gibt es einige Probleme: Viele Modelle sind technisch noch nicht ausgereift, was sowohl „Spiegel online“ als auch der „ADAC“ gerade moniert haben. Sie wiegen zwischen 23 und 30 kg, was das Abstellen im Fahrradkeller oder in der Wohnung zur Schwerarbeit macht. Die beliebten E-Fahrräder bergen auch laut TÜV-Süd unvermutetes Gefahrenpotenzial. Der heftige Preiskampf bei den „Pedelecs“ hat mangelhafte Billigprodukte nach Deutschland gebracht. Das kann Folgen haben. Überhitzte Batterien können Brandquellen werden. Die Qualität von Billigbatterien hat bereits Rückrufe ausgelöst. Der Preis der Elektrofahrräder ist noch üppig. Es gibt zwar schon Pedelecs für 600 Euro, aber für die meisten E-Fahrräder muss man eine vierstellige Summe aufbringen – und für die Spitzenmodelle sogar fast 4000 Euro.
City-Bikes führt heute jeder gut sortierte Fahrradladen. dreirad-fuer-erwachsene.de bietet im Netz viele Informationen zu jeder Form von Dreirad. Und der ADAC hat unter adac.de/tests 2010 und 2011 je zehn Elektrofahrräder getestet, davon fünf mit einem seniorengerechten niedrigen Einstieg. Frank Wendler
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