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Land unter. Die weit über ihre Ufer getretene Elbe im Juni 2013.

© Patrick Pleul/dpa

Homepage: Auch Umsiedlungen sind denkbar

Ein Forschungsbericht von Universität und GFZ Potsdam gibt Empfehlungen für eine zukunftsfähige Hochwasservorsorge

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Keine Neubauten in Hochwassergebieten – das empfiehlt Annegret Thieken vom Institut für Erd- und Umweltwissenschaften der Universität Potsdam. Hochwassergebiete müssten von den Bundesländern klar ausgewiesen und Ausnahmebaugenehmigungen zum Hausbau für diese Gebiete unterbunden werden. Von den zehn Prozent der Bevölkerung, die in hochwassergefährdeten Gebieten wohnen, wären sich mehr als zwei Drittel der Gefährdung bewusst. Viele würden entsprechende Vorsorgemaßnahmen treffen. Das sei insbesondere beim Neubau von Häusern und der Bauplanung durch die entsprechenden Gemeinden möglich. „Büroräume und Saunas in den Keller zu legen, ist nicht sinnvoll“, stellt die Wissenschaftlerin fest.

In einem nun abgeschlossenen Forschungsprojekt haben Wissenschaftler der Universität Potsdam und Mitglieder des Deutschen Komitees für Katastrophenvorsorgen e.V (DKKV) untersucht, welche Folgerungen aus den beiden Katastrophenhochwassern in den Jahren 2002 und 2013 gezogen werden können. Hat sich der Katastrophenschutz gegenüber dem Beginn des Jahrhunderts verbessert? Einbezogen waren auch andere Forschungsinstitute wie das Deutsche GeoForschungsZentrum Potsdam (GFZ). 1650 Privathaushalte und 560 Unternehmen haben telefonisch Auskunft gegeben, wie sie sich vor einem möglichen Hochwasser schützen. Interviews mit Katastrophenschutzexperten, Auswertungen von Wetterstationen und hydrologischen Instituten ergänzen die Befragung.

Das Bewusstsein der Bevölkerung für die Notwendigkeit der Risikovorsorge sei gestiegen, aber es könne noch vieles verbessert werden, stellt Thieken fest. Rund zwölf Milliarden Euro Schaden verursachte das Hochwasser im Jahre 2002, etwa sechs Milliarden Euro das aus dem Jahr 2013. Die meisten Schäden entstanden in den Bundesländern Sachsen und Sachsen-Anhalt, 2013 war auch Bayern stark betroffen. Sei ein Grundstück oder ein Haus völlig zerstört, könne auch überlegt werden, ob ein Aufbau an gleicher Stelle wirklich sinnvoll ist, so Thieken. So wurde der Ortsteil Röderau-Süd an der Elbe bei dem Hochwasser 2002 stark überflutet und anschließend 400 Betroffene mit 86 Wohnhäusern umgesiedelt. Das verursachte jedoch Kosten in Höhe von 38 Millionen Euro. Das spreche eher gegen weitere Umsiedlungsprojekte, folgert der Abschlussbericht des Projektes.

Die Bundesländer müssten noch besser zusammenarbeiten. Auch die Informationsportale über Hochwasser im Internet könnten besser koordiniert und aufeinander abgestimmt werden, bemerkt Leander Strate, Fachbereichsleiter Rettungsdienst bei der Johanniter-Unfallhilfe. Vieles sei noch zu unübersichtlich. Deshalb wolle die Johanniter-Unfallhilfe im Sommer 2015 eine entsprechende Informationskampagne starten. Problematisch sei, dass ein entsprechendes Bewusstsein für die Notwendigkeit der Katastrophenvorsorge schnell nachlasse, wenn das Wasser wieder abgeflossen sei und Notfallhilfen und Versicherungen zur Beseitigung der Schäden bereitgestanden hätten. „Es merkt keiner, wenn es gut funktioniert“, sagt Strate. Einen globalen Blick auf mögliche Hochwasserereignisse wirft Axel Rottländer, der Geschäftsführer des Deutschen Komitees Katastrophenvorsorge e.V. Hochwasservorsorge sei ein technischer und ein gesellschaftlicher Prozess. Zwar könne man mit Dämmen das Wasser zurückhalten. Aber wenn Länder zu arm seien, um entsprechende Bauten zu schaffen oder Menschen aus Armut in gefährdeten Gebieten ihre Häuser errichteten, nütze technisches Wissen wenig, so Rottländer. Hochwasserschutz ist auch ein Thema bei der dritten Weltkonferenz zur Reduktion von Katastrophenrisiken im März im japanischen Sendai. „Die Natur ist keine Katastrophe. Katastrophal kann nur der Umgang des Menschen mit extremen Wetterereignissen sein“, sagt Rottländer. Richard Rabensaat 

Richard Rabensaat

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