zum Hauptinhalt

Sport: Auf dem Gipfel

Bernd Schröders Lebenswerk wurde gekrönt

Stand:

Bernd Schröders Lebenswerk wurde gekrönt Drei Minuten vorm Abpfiff hielt es Bernd Schröder nicht mehr aus. Der UEFA-Cup war seiner Mannschaft nicht mehr zu nehmen, also verschwand er ins Innere des Stadiongebäudes, um pünktlich zu Abpfiff und Siegerehrung wieder auf dem Rasen zu stehen. „So einen Moment muss man genießen können, und das kann man am besten allein. Ich war im Innern so aufgewühlt – wenn ich das nach außen getragen hätte “, erklärte Turbines Trainer später seine kurzzeitige Flucht vor der Öffentlichkeit. Dabei weiß die Öffentlichkeit, vor allem die Potsdamer, genau, was sie dem fast 63-Jährigen zu verdanken hat. Der dienstälteste Trainer im deutschen Spitzenfußball sorgt mit seinen „Turbienen“ immer wieder für Fußball-Highlights in Potsdam, und wenn er Erfolge wie den vom Sonnabend als „Siege für unsere Stadt, für unser Land, für Deutschland und den DFB – vor allem aber für den Osten“ betrachtet, meint er es ernst. Der gelernte Bergbauingenieur, der aus seiner Studienzeit das Schuften unter Tage kennt und ein Mann klarer Worte ist, war Anfang März 1971 Gründungsvater der Turbine-Kickerinnen; seit jener Zeit ist er der Macher und – mit wenigen kurzen Unterbrechungen – Erfolgscoach des Potsdamer Frauenfußballs. Nun steht er auf dem Gipfel – der UEFA-Pokal krönt sein sportliches Lebenswerk – und denkt nicht ans Aufhören. „Ich werde es meinen Feinden nicht leicht machen und den Staffelstab jetzt schon abgeben“, erklärte der Fachmann, der sich mit seiner geraden Art nicht nur Freunde machte. „Wenn es im Interesse des Vereins und des DFB ist, werde ich aber in Würde abtreten.“ „Das war eine Sternstunde“, gestand Schröder am Abend nach dem Triumph im großen Saal des Klubhauses von Sponsor e.dis; just an der Stelle, an der er einst Turbines Frauenfußball aus der Taufe hob. Den Sonnabend-Sieg wollte er dennoch nicht über alles andere bisher Erreichte stellen. „Jede Zeit hat ihre Highlights, deshalb sehe ich unseren ersten DDR-Meistertitel 1981 und unseren DFB-Pokalsieg im vergangenen Jahr als ebenso wertvoll an.“ Innerhalb eines Jahre – von Juni 2004 bis Mai 2005 – hat Schröder mit seinen Spielerinnen alles geholt, was es in Deutschland und Europa zu gewinnen gibt. DFB-Präsident Theo Zwanziger, der dem Potsdamer am Sonnabend die DFB-Verdienstnadel verlieh, unterstrich Schröders „großartige Verdienste in über 34 Jahren“. In diesen 34 Jahren trainierte Schröder viele Kickerinnen. Ihm haftet der Ruf des „harten Hunds“ an, doch zum Vergleich mit dem Cottbuser Ex-Trainer Eduard Geyer meint er: „Nein, Geyer war nach mir, ich war zuerst da.“ Zu DDR-Zeiten hätte der Coach seine Mädels früh um halb drei wecken können und sie hätten sofort gespielt – heute wäre es wohl (wieder) genauso. Denn Turbines Kickerinnen wissen sehr gut, was sie an Schröder haben; selbst aus dem Altbundesgebiet zieht es Nationalspielerinnen zu ihm. „Alles, was wir machen, ist, dem Trainer auf dem Platz wiederzugeben, was er für uns tut“, sagt Mannschaftskapitän Ariane Hingst. „Ohne ihn würde ich nicht in Potsdam spielen.“ Die 105-fache Nationalspielerin, die seit acht Jahren für Turbine kickt, sieht Schröder „auch in einer Vaterrolle“, denn „er ist immer für uns da, egal, welche Probleme wir haben.“ So manche graue Strähne in seinem Haar „haben wir wohl verschuldet“, glaubt Hingst und befindet: „Er hat Ecken und Kanten, ist aber ein Supertrainer und insgesamt schon viel ruhiger geworden.“ Was Mannschaftskameradin Navina Omilade unterstreicht. „Schrödi ist sehr emotional, das haben wir schon im vergangenen Jahr gesehen, als wir Meister wurden“, erinnert sie sich. „Das ist immer total süß. Er wirkt nach außen immer so hart, aber in solchen Momenten kommen ihm die Tränen. Dann möchte man ihn nur noch in den Arm nehmen und knuddeln.“ Am Sonnabend kurz vorm Abpfiff war indes keine Zeit dazu.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })