Landeshauptstadt: Auf dem hübschen Babelsberg
Der erste Teil der Sanierung der Sommerresidenz von Kaiser Friedrich Wilhelm I. und Augusta ist fertig
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Die Größe der Fenster im Schloss Babelsberg überwältigt selbst den Generaldirektor der Stiftung Preußischer Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg. „Das sind Monsterscheiben“, sagt Harmut Dorgerloh abseits des offiziellen Rundgangs über die Baustelle des Kaiserschlosses Wilhelm I. Vier Meter hohe Fenster aus einem Stück, „das Modernste, was ich mir an preußischer Architektur vorstellen kann.“ Der revolutionäre Ansatz von Baumeister Karl Friedrich Schinkel sei erst bei Bauhausarchitekten wie Mies van der Rohe wiederzufinden. Die Natur ins Haus zu holen war aber bereits vor 180 Jahren das Ansinnen von Friedrich Wilhelm I. und seiner Gemahlin Augusta von Sachsen-Weimar für ihre Sommerresidenz.
Seit dem Frühjahr 2013 arbeitet die Stiftung an der Hülle des Schlosses im Babelsberger Park. Mit einem Masterplan soll das in letzten Jahren trostlos aussehende Baudenkmal vor dem weiteren Verfall bewahrt werden und zum ersten Mal in seiner Geschichte saniert werden. Rund 9,7 Millionen Euro, bereitgestellt von Bund und Berlin-Brandenburg, kostet das Vorhaben. Der erste Bauabschnitt, der sogenannte Schinkelflügel, ist nun abgeschlossen. Bis Ende 2015, so der Plan, wird der gesamte Masterplan vollendet sein. Dann sollen auch die Terrassen und Brunnen des kaiserlichen Märchenschlosses wieder in alter Schönheit erstrahlen.
„Das denkmalpflegerische Ziel ist nicht ein neues Haus wie aus dem Ei gepellt zu präsentieren“, sagt Ayhan Ayrilmaz, Architekt und Leiter des Masterplans. Stattdessen sind über 50 verschiedene Handwerksbetriebe beauftragt, Fassaden, Fenster und Türen behutsam zu erneuern und originalgetreu zu restaurieren. Allein rund 400 Eichenholzfenster müssen saniert werden. Vor allem aber sei die die Vielzahl der Materialien, die im Kaiserschloss verarbeitet wurden, eine große Herausforderung. „Hier sind frühe Zemente des 19. Jahrhunderts verbaut“, sagt Ayrilmaz – um edleren Sandstein vorzugaukeln. „Statt Holz wurde an vielen Stellen Zinkguss verwendet.“
So arbeitet etwa der thüringische Restaurator Hartmut Wieland an einem Portal aus zwei 100 Kilo schweren Eichentüren. Vier bis sechs Wochen benötige er dafür, sagt er. Mit einer Art Drahtpinsel imitiert er wie damals üblich die Holzmaserung auf den in verschiedenen Schichten gestrichenen Türen und den Verzierungen aus Zink. Mit feinem Pinsel täuscht er verrostete Schrauben vor. Doch Täuschung war bereits zu Kaiser-Wilhelm-Zeiten eine Bauvorgabe. Die schweren Riegel an den Türen erfüllten keinerlei Funktion, sondern sollten lediglich Sicherheit und Abschottung symbolisieren. Dass der Kaiser auf Schein und oftmals günstigere Materialien setzte, ist für die Sanierung aber auch ein Glücksfall: Dort, wo Fassadenverzierungen noch aus Sandstein sind, bröckelt es seit Jahren, die ursprünglichen Formen sind kaum noch zu erkennen. Das moderne Material des Zements weist deutlich weniger Umweltschäden auf.
Mehr als 50 Jahre lang verbrachte Friedrich Wilhelm und Augusta in Schloss Babelsberg ihre Sommertage. 1834 begann Schinkel mit dem Bau, sein Schüler Ludwig Persius erweiterte das Haus auf Wunsch der Bauherrn. Bis in die 1880er-Jahre ließ das Paar ihr Sommerschloss modifizieren und neue Details hinzufügen. Vieles davon ist für Architekten Ayrilmaz „aus baufachlicher Sicht eine Katastrophe“. Über die Zeiten hinweg drang in die Vorsprünge und Verzierungen Wasser ein, Feuchtigkeitsschäden gibt es im gesamten Schloss. So ist dann auch erstes Ziel des Masterplans, das Gebäude regendicht zu machen. Mit rund zweieinhalb Jahren Bauzeit sei man sehr schnell, so Ayrilmaz. Allerdings, so fügt er hinzu, gingen der Sanierung auch drei Jahre Planung voraus. Der Zeit- und auch der Kostenrahmen würden dadurch eingehalten. In einem zweiten Masterplan will die Stiftung dann auch das Innere des Gebäudes aufarbeiten, die Arbeiten sollen bis 2017 abgeschlossen sein.
Nach den Fassadenarbeiten wird in einem nächsten Schritt so auch das Schloss für Besucher zugänglich gemacht. Allerdings, so SPSG-Generaldirektor Dorgerloh, ist geplant, es nur in den Sommermonaten zu öffnen. Zu hohe Kosten für den Winterbetrieb kämen auf die Stiftung zu. Außerdem soll Schloss Babelsberg als Ort der kulturellen und politischen Bildung für Kinder und Jugendliche dienen. „Da bietet sich der Park und das Schloss mit seiner Geschichte an.“ Mit der Geschichte Babelsbergs seien schließlich auch die Reichseinigung und der Sozialstaat verbunden.
Spätestens 2017 werden Besucher dann durch den Dienstboteneingang ins Schloss gelangen. Die ersten Schautafeln hängen bereits. „Der Babelsberg ist hübsch geworden“, steht auf einer, ein Tagebucheintrag von Prinzessin Augusta von 1837. 180 Jahre später wird man das wohl wieder sagen können.
Grit Weirauch
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