Homepage: Auf den Wandel reagieren Rabbiner, Pastoren und Pfarrer müssen umdenken
Seelsorge, Glaubenslehre, Lebenshilfe – die Aufgaben und das Selbstverständnis kirchlicher Amtsträger sind vielfältig und einem ständigen Wandel unterworfen. „Das gilt für das Judentum und das Christentum gleichermaßen“, sagt Rabbiner Walter Homolka.
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Seelsorge, Glaubenslehre, Lebenshilfe – die Aufgaben und das Selbstverständnis kirchlicher Amtsträger sind vielfältig und einem ständigen Wandel unterworfen. „Das gilt für das Judentum und das Christentum gleichermaßen“, sagt Rabbiner Walter Homolka. Homolka ist Direktor des Abraham-Geiger-Kollegs an der Universität Potsdam, das seit 1999 Rabbiner ausbildet. Die Antwort auf die Frage, wie man in diesen Ämtern am besten auf gesellschaftliche Veränderungen reagiert, werde sich auch auf die Ausbildung von Geistlichen auswirken, so Homolka. Deshalb verfolgt er mit Spannung die internationale Tagung „Rabbiner, Pastoren, Priester – Ihre Rolle im historischen Wandel“ derzeit an der Universität Regensburg. Den jüdisch-christlichen Dialog hat er selbst mit organisiert. Seine Erwartung: „Wir wollen uns als derzeit einzige akademische Ausbildungsstätte für Rabbiner in Zentraleuropa auf den neuesten Stand bringen.“
Rückblickend sei das Zeitalter der Aufklärung Anfang des 19. Jahrhunderts ein besonderer Einschnitt für das Amts- und Selbstverständnis der Rabbiner gewesen. Waren sie zuvor vor allem Rechtsgelehrte, die sich mit ethischen Fragen und der Auslegung der Speisegesetze beschäftigten, rückte nun die Predigt in den Vordergrund. „Das war eine Reaktion auf die wachsende Bedeutung der Eigenverantwortung der Individuen und hat so auch in der christlichen Kirche bei Pfarrern und Pastoren stattgefunden“, so Homolka. Heute befinde sich das Rabbinat erneut im Wandel: Die Predigt trete in den Hintergrund. Stattdessen sei es wichtiger, die Gemeinde zu organisieren und in die mystischen Fragen der Religion einzuführen. Homolka spricht in diesem Zusammenhang vom Rabbiner als „Mystagogen“, der zusätzlich Manageraufgaben erfüllen muss, um die Gemeinde zusammenzuhalten. Da der Rabbiner von den jüdischen Gemeinden gewählt werde, sei er deren Erwartungen besonders stark ausgesetzt, so Homolka.
Die Fragen nach dem Wandel der Funktion und des Rollenverständnisses von Rabbinern sowie nach Parallelen bei Pfarrern und Pastoren seien nicht neu, aber nach der Schoah lange Zeit zum Erliegen gekommen. Homolka hat die Tagung gemeinsam mit dem katholischen Priester und Theologen Heinz-Günther Schöttler von der Universität Regensburg und dem evangelischen Theologen Alexander Deeg von der Universität Leipzig organisiert. Schöttler ist mit der Rabbinerausbildung des Geiger-Kollegs sehr vertraut. Seit fünf Jahren bildet er dort als Dozent angehende Rabbiner in Predigtlehre aus.
Anregungen für die Rabbinerausbildung verspricht sich Homolka sowohl von den christlichen Referenten als auch von jüdischen Experten aus Europa, Israel und den USA. Zu den Koryphäen, die die Organisatoren für die Tagung gewinnen konnten, zählen der Rabbiner Marc Saperstein vom Leo Baeck College London, der Rabbiner Lawrence Hoffmann vom Hebrew Union College in New York sowie der renommierte evangelische Theologe Eilert Herms. „Der internationale Kontext der Tagung ist für uns sehr hilfreich, um ein europäisches Profil zu entwickeln.“ Homolka denkt dabei vor allem an die veränderte Struktur der jüdischen Gemeinden in Deutschland aufgrund der Zuwanderung aus Osteuropa seit 1989. „Das ist schon rein sprachlich ein Problem und in Fragen der Mentalität eine Herausforderung“, sagt Homolka. Maren Herbst
Maren Herbst
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