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Landeshauptstadt: Auf der britischen Insel

Eine Kölner Schule als England-Enklave mit Zugeständnissen an den Kontinent

Stand:

Hunderte Schüler in Uniform und alle reden Englisch – kann das noch Deutschland sein? Ja, es ist Köln und hier ganz englische Enklave. Wenn man an einem Schüler vorbeigeht, kommt sofort ein „Good morning, Sir!“ Daran kann man sich gewöhnen. 800 Schüler und 40 Nationen: Welcome to St. Georgès School. Hier gibt es weder Graffitinoch wacklige Tische. Selbst die Toiletten sind piekfein. Ein Schild neben dem Waschbecken appelliert an die Schüler, alles sauber zu halten. Auf Englisch natürlich. Deutsch spricht man hier nur im Deutschunterricht. Sonst ist alles englisch, auch die Lehrpläne. Manche Schüler kommen von weit her und können deshalb höchstens am Wochenende zurückfahren – für sie gibt es ein hauseigenes Internat.

Wenn man eine Klassenzimmertür öffnet – „Good morning, Sir!“ – sitzen da drei Schüler vor einer Lehrerin. Gerade ist Chemieunterricht. An der Tafel – die keine ist, sondern so ein Managerboard, auf das man mit Filzstift schreibt – stehen chemische Formeln. Darüber reden die Schüler mit der Lehrerin auf Englisch. Die Konversation wirkt wie ein Expertenaustausch. Es herrscht Konferenzatmosphäre. Alles geht hier sehr viel disziplinierter zu als in der deutschen Welt da draußen. Ist es die feine englische Art? „Wir liefern den Schülern eine Struktur“, sagt Schuldirektor Richard Hollow, während er ein Stück Papier vom Schulhof aufhebt. Das bedeutet zum Beispiel, dass alle Treppen von einer blauen Linie in zwei Seiten geteilt werden: Auf der einen geht man runter, auf der anderen rauf. Ein Zugeständnis an den Kontinent: Es herrscht Rechtsverkehr.

Mittagspause. Man bestellt auf Englisch, aber als Koch hat man sich dann doch lieber einen Deutschen genommen. Die Lehrer wirken durch die Bank nett, ihnen fehlt jene elitäre Ausstrahlung, die deutsche Gymnasiallehrer gerne verbreiten. Das Ganze hat natürlich seinen Preis: 650 Euro für die Kleinen und 870 Euro für die Großen. Im Monat. Wer den Abschluss International Baccalaureate will, zahlt noch mehr. „Wir vergeben aber auch Stipendien“, sagt Schulgründerin Marietta Horton. Mehr als die Hälfte der Schüler kommt inzwischen aus deutschen Familien.

Die 69-jährige Horton ist als Kind selbst sehr ungern zur Schule gegangen. „Später fiel mir auf: In England scheint das anders zu sein.“ Vor 25 Jahren gründete sie die Schule mit 15 Kindern von gleichgesinnten Eltern in Bad Godesberg. Heute hat St. Georgès sogar Ableger in Aachen und Duisburg. Immer mehr Eltern interessieren sich für die private Ausbildung. „Das deutsche Schulwesen hat es in den vergangenen Jahren nicht leicht gehabt“, sagt Hollow. Da suchten viele nach einer Alternative. Christoph Driessen

Christoph Driessen

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