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Karsten-Uwe Heye.

© A. Klaer

Landeshauptstadt: Auf der Passagierliste der „Gustloff“

Uwe-Karsten Heye las in Babelsberg aus „Vom Glück nur ein Schatten“ / Bald folgt ZDF-Zweiteiler

Stand:

Jutta Jagßenties ist regelmäßige Leserin seiner PNN-Kolumne „Heyes Woche“. Als Seniortrainerin der Akademie Zweite Lebenshälfte dachte sie sich: „Diesen Mann muss ich mal an den Tisch holen.“ Gestern war es soweit. Karsten-Uwe Heye, ehemaliger Fernsehjournalist, Regierungssprecher, Generalkonsul in New York, las in der Babelsberger Filiale des Senioren-Fördervereins vor zahlreichem Publikum aus seinem Buch „Vom Glück nur ein Schatten“. Das Buch behandelt die Lebensgeschichte seiner Mutter. Heye will damit den Frauen dieser Kriegs- und Nachkriegsgeneration ein Denkmal setzen. Im Spätherbst diesen oder im Frühjahr des kommenden Jahres wird das ZDF eine Verfilmung des Werkes in zwei Folgen zu je 100 Minuten ausstrahlen, mit Maria Furtwängler in der Hauptrolle. „Es ist merkwürdig, wenn man seine Mutter im Film wiedersieht“, bekennt Heye.

1996 unternimmt Heye eine Fahrt in die Vergangenheit, nach Danzig, wo seine Mutter Ursel gegen Kriegsende Verwundete pflegte. In liebevollen wie geschliffenen Sätzen nähert sich Heye dem Trauma seiner Familie. Langsam liest er vor den Zuhörern seiner Generation der um die 70-Jährigen, nie reißt der Spannungsbogen. „Ich spüre Wurzeln und freue mich daran, irgendwie bin ich zu Hause. Ein Schleier lüftet sich.“ Am Strand des Ostseebades Sopot kommen die Erinnerungen wieder, wie er als kleiner Junge im Sand spielte, mit Ursel, seiner Schwester Bärbel, Wolfgang, seinem Vater und der Großmutter. Ein einziger gemeinsamer Urlaub musste Kraft geben für lange Zeit.

Ursel, wie Heye vorliest, betreute Verwundete auf der „Wilhelm Gustloff“. Als der zum Lazarettschiff umgebaute Luxusdampfer am 30. Januar 1945 gegen 13.10 Uhr in Gdingen ablegt, sollte die Familie laut Passagierliste eigentlich an Bord sein. Doch irgendwie schaffte es Ursel, für die Großmutter und die beiden Kinder doch noch Plätze in einem Zug zu ergattern, der weg von der nahenden Front nach Westen fuhr. Oft, wenn Tiefflieger den Zug angriffen, mochte sich die Mutter gefragt haben, „ob es nicht besser gewesen wäre, die ,Gustloff’ zu nehmen?“ Heye und seine Zuhörer wissen es heute besser; die „Gustloff“ wird durch Torpedo-Treffer eines sowjetischen U-Bootes versenkt. „Die schlimmste Schiffskatastrophe der Geschichte“, so der 69-jährige Autor. 9000 Menschen starben, auch Heye und seine Familie hätte dieses Los treffen können.

Dennoch wird die „Gustloff“ zum Schicksal der Heyes. Ursel erfährt über den Suchdienst, dass ihr Wolfgang in Russland vermisst, wahrscheinlich gefallen ist. Doch Wolfgang ist heimgekehrt, auch er bemüht den Suchdienst und erhält eine Antwort: Ursel Heye, die Kinder und die Großmutter stehen auf der Passagierliste der „Gustloff“ und sind wahrscheinlich mit ihr untergegangen. Jahre später heiratet Heyes Vater die Ilse. Ob er seine Ursel je wiedergesehen hat – steht in Heyes Buch. Guido Berg

Uwe-Karsten Heye, „Vom Glück nur ein Schatten. Eine deutsche Familiengeschichte“ Heyne-Verlag, 192 Seiten, ISBN: 978-3-453-64509-7. Preis: 7,95 Euro

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