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Siegernase: Gina mit ihrem Pokal, der sie als sportlichster Terrier in Deutschland ausweist.

© hkx

Von Henry Klix: Auf der richtigen Fährte

Deutschlands sportlichste Terrierin trainiert beim Schäfer- hundeverein Werder

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Werder (Havel) - Fast immer, wenn Ulf Tietz von der Arbeit nach Hause kommt, geht er spazieren. Das sieht ein bisschen merkwürdig aus: Tietz schlägt spitze Haken, läuft direkt durch die Pfützen, kämpft sich durchs Gestrüpp und lässt gelegentlich ein Stöckchen, einen Schlüsselring oder einen Tubendeckel fallen. „Meist weiß ich selbst nicht mehr genau, wo ich lang bin“, sagt Ulf Tietz. Muss er auch nicht, er hat ja seine Gina. Denn nach zwei Stunden Pause wird der Spaziergang mit „Gina von Erikson“, wie sie richtig heißt, wiederholt. Sie läuft vorne weg, soll in gleichmäßigem Schritt die Route nachvollziehen, darf sich von Matsch und im Weg liegenden Stämmen nicht beirren lassen und muss sich überall, wo Tietz etwas fallen ließ, brav auf den Bauch legen. „Verweisen“, heißt das bei Hundesportlern. Die Airedale-Terrierin macht das so gut wie kein anderer Terrier in Deutschland.

Ulf Tietz und seine Gina sind der Stolz des Vereins für Deutsche Schäferhunde Werder (Havel). Wie viele lokale Hundesportvereine trägt er zwar noch einen Rassenamen, hat sich aber längst für alle Sportsfreunde geöffnet. Die siebenjährige Gina ist ein Glücksfall für den Verein: Im Oktober hat sie beim Fährtenhunde-Wettstreit des deutschen „Klubs für Terrier“ 97 von 100 möglichen Punkten erschnüffelt. Ein paar Wochen zuvor gabs beim Schutzhunde-Wettbewerb in Hannover Platz 6: Gina erwies sich als gehorsame und jeder Situation gewachsene Begleiterin. Nach den beiden Wettbewerben ist sie „Universalsieger“ im Terrier-Klub – und somit Deutschlands sportlichster Terrier.

Ulf Tietz beschäftigt sich seit seinem Eintritt bei der Polizei fast rund um die Uhr mit der Hundeerziehung. 1984 wurde er zum Hundeführer ausgebildet. Gleichzeitig trat er in Werders Schäferhundeverein ein – damals noch mit seinem Schäferhund Asko – wo er jetzt mit Gina an Wochenenden trainiert. Nach der Wende war er Diensthundeausbilder in der früheren Landespolizeischule Basdorf. Seit drei Jahren führt er die Diensthundegruppe des Polizei-Schutzbereichs Brandenburg. Bei der Polizei gehören belgische Malinois zu den bevorzugten Tieren, privat zieht Tietz inzwischen Terrier vor. Sie sind konzentriert und vielseitig, haben aber auch eine vergnügte Seite. „Richtige Kasper können das sein“, sagt Tietz. Wenn „Gurke“, wie Gina manchmal genannt wird, etwas gefällt, würde sie laufen „wie eine Kugel“. Der Spieltrieb ließe sich für die Ausbildung nutzen: Stachelhalsbänder oder gar Stromschocker sind für die Freunde der Airedale-Terrier absolute Fremdwörter.

Die englische Züchtung war weit vor dem Schäferhund im Polizeidienst, hat sich schon im Ersten Weltkrieg als Melde- und Sanitätshund durch Mut und Treue ausgezeichnet. Als robust, intelligent und lernfreudig gelten Airedale-Terrier – und haben bei Wettbewerben auch gegen viele andere Rassen die Nase vorn: Bei den Deutschen Fährtenhundemeisterschaften Ende Februar in Unna erschnupperte sich Gina den 13. Platz. Eine drei Stunden zuvor gelegte Fährte mit 1800 Schritt, sieben Winkeln und sieben Gegenständen muss bei solchen Wettbewerben „ausgearbeitet“ werden, wie es die Experten nennen. Für Werders Schäferhundverein war allein die Teilnahme eine Premiere.

Von Ginas exorbitanter Nasenleistung lässt sich Ulf Tietz fast täglich begeistern: „Wir fliegen zwar zum Mars, aber das kann keine Maschine.“ Bei all ihren Fähigkeiten kann Gina ihr gelegentlicher Spieltrieb auch zum Verhängnis werden: In Unna hatte es empfindliche Punktabzüge gegeben, als sie – am Ende des Parcours – begann, das erschnupperte Stöckchen umherzuwerfen. Das hat sie noch nie gemacht. Ulf Tietz hat viel darüber nachgedacht: „Ich denke, sie hat gemerkt, wie bei mir die Anspannung wich. Da spielte sie drauflos.“ Das Training für die nächsten Wettbewerbe hat schon begonnen

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