Interview: „Auf Gutachter der Stadt warten wir schon lange“
Thomas Bastian, Präsident des SV Babelsberg 03, über die sportliche und wirtschaftliche Situation des Fußball–Drittligisten
Stand:
Herr Bastian, sportlich ist der Klassenerhalt des SV Babelsberg 03 in der Dritten Fußball-Liga gesichert – wann wird auch wirtschaftlich alles in trockenen Tüchern sein?
Wir sind hinsichtlich der Lizenzauflagen dabei, jetzt die letzten Entscheidungen zu treffen, und dann sollte an dieser Stelle Ruhe sein.
Am 1. Juni um 15.30 Uhr müssen alle Auflagen erfüllt sein.
Ich hoffe, wir werden es früher schaffen.
Die SVB-Fans haben die Rettung der Lizenz in letzter Sekunde Ende Mai 2011 noch vor Augen. Können Sie ein ähnliches Szenario in diesem Monat ausschließen?
Ja. Nach den Gesprächen, die wir als Vorstand in der vergangenen Woche noch mal geführt haben und bei denen von unseren Finanziers alles abgesegnet wurde, steht der Etat jetzt. Wenn der Aufsichtsrat ihn nun genehmigt, ist alles festgezurrt.
Zu den Auflagen des DFB für die neue Lizenz gehört auch ein funktionierendes Flutlicht, für das im Karl-Liebknecht-Stadion seit 30. April keine Betriebsgenehmigung mehr vorliegt.
Mich ärgert bei diesem Thema schon ein bisschen die verzerrende Darstellung zu Ungunsten unseres Vereins wie Berichte vom notorisch klammen Verein. Natürlich haben wir nie viel Geld, aber notorisch klamm sind wir nicht. Was wir nicht haben, ist Geld für Sonderausgaben, denn wenn ein Etat erst einmal gestrickt ist und jemand noch 300 000 Euro haben will, müssen die ja irgendwo herkommen. Die kann ich ja nicht einsparen, wir können doch nicht mitten in der Saison mal einfach so drei oder vier Spieler rausschmeißen. Beim jetzigen Flutlichtproblem stammen die Mängel auch eindeutig aus der Zeit des Baus der Anlagen, die man uns nicht anlasten kann. Wir haben jetzt eben Löcher und Risse, die – sagt ein Gutachter – zum Beispiel darauf zurückzuführen sind, dass man beim Erstellen der Säulen noch gar nicht wusste, wo die Hydraulik vorgesehen war, wodurch Aussparungen entstanden, in die gar keine Hydraulik kam. Das muss jetzt professionell geschlossen werden, und dafür waren natürlich keine Gelder im Etat eingeplant. Aber wir werden auch das schaffen.
Die Zeit drängt allerdings.
Wir bekommen das hin, und wenn wir kurz vor Lizenzerteilung den Auftrag zur Reparatur ausgelöst haben und damit in Sicht ist, wann das Problem behoben sein wird, sollte auch das vom Tisch sein. Die Frage ist halt noch, wer sich an der Finanzierung beteiligt.
Für die Sanierung der abknickbaren Masten sind 80 000 Euro veranschlagt, von denen Frauenfußball-Bundesligist Turbine Potsdam dem Vernehmen nach 20 000 Euro übernehmen will
das habe ich schriftlich
während die Stadt eine weitere Kostenbeteiligung ablehnt.
Wir bitten die Stadt ja nicht einfach mal so um Hilfe. Wenn Turbine und wir die Reparatur allein bezahlen müssen, dann müssen die notwendigen Gelder dafür aus anderen Stellen im Etat herausgekürzt werden. Es bleibt uns ja nichts anderes übrig. Eigentlich wollten wir die Reparatur zusammen mit Turbine stemmen, dann ist aber der neue Rasen dazwischengekommen, den Turbine dringender als wir benötigte. Sonst hätten wir dieses Thema vielleicht schon abgehakt.
Sie sprechen den Rasen an, der im April auf Drängen der UEFA ausgetauscht wurde. Kritiker werfen Ihrem Verein schlechte Pflege des erst 2011 neu verlegten Grüns vor.
Solchen Anwürfen gegen unsere Stadionmitarbeiter muss ich widersprechen. Die haben vorher einen Rollrasen, der eigentlich für ein, zwei Jahre ausgelegt war, fünf Jahre so über Wasser gehalten, dass man noch darauf spielen konnte. So schlecht können sie also nicht sein. Dass es den erst im vergangenen Jahr neu gelegten Rasen so zerfetzt hat, liegt an unterschiedlichen Ursachen. Zum Beispiel daran, dass kein transparentes Dach mehr über der Haupttribüne ist und dass der Kahlfrost im Winter so zuschlug – was beispielsweise auch Hertha BSC dazu zwang, vor den letzten Spielen den Rasen noch mal auszutauschen.
Können Sie die Stadtverordneten verstehen, die zögern, nach den 700 000 Euro im Mai 2011 zur Lizenzrettung für den SVB, der Beteiligung an den bisherigen Flutlicht-Reparaturarbeiten, jährlich 150 000 Euro Betriebskostenzuschuss und zuletzt 120 000 Euro für den neuen Rasen im Stadion jetzt erneut in die Tasche zu greifen?
Absolut. Ich kann das verstehen, weil sich das in diesem Jahr so massiv geballt hat. Man muss das aber differenzierter sehen, als es mitunter dargestellt wird. Die 700 000 Euro im letzten Jahr, für die wir sehr dankbar sind, waren ein Einmalfaktor. Und wir gehen davon aus, dass das Betreiben des Stadions im Jahr rund 450 000 Euro kostet. Da ist noch nicht mal eingerechnet, dass man heutzutage eigentlich alle zwei Jahre einem neuen Rasen benötigt. Wir haben also im Jahr 450 000 Euro Bedarf, bekommen 150 000 von der Stadt und pflegen, warten und erhalten das Stadion mit 300 000 Euro. Man sollte also nicht nur auf das eine Jahr 2011 blicken, sondern auf die vergangenen acht bis zehn Jahre, in denen wir das Stadion bewirtschaften. Außerdem bringen wir der Stadt ja auch etwas. Wir erhalten 20 bis 40 Arbeitsplätze, dazu Kurzzeitarbeitsplätze während der Spiele. Durch unsere Gäste, die sich die Spiele anschauen, kommen rund 500 000 Euro, die hier ausgegeben werden, in die Stadt. Und es werden natürlich auch Steuern gezahlt. Es ist also nicht so ein Nullsummenspiel, wie es oft suggeriert wird. Rechnet man die üblichen Kosten für sogenannte weiche Faktoren wie Kontakte durch Fernsehen, Nennungen und so weiter mit ein, kommt man noch auf ganz andere Summen.
In der Stadtverwaltung wird derzeit darüber diskutiert, das vom SVB seit 2002 per Erbbaupachtvertrag betriebene Stadion wieder selbst zu übernehmen, da es ein Fass ohne Boden sei. Wie steht der Verein einer solchen Idee gegenüber?
Ich vertrete den Standpunkt, dass man sich immer erstmal alles anhören sollte. Wir selbst glauben aber – wie ich schon ausführte –, dass der Bedarf für das Stadion weitaus höher ist als die jetzt jährlichen städtischen Zuschüsse und dass eine Zurücknahme für die Stadt am Ende finanziell weitaus ungünstiger werden würde. Wenn die Stadtverordneten jetzt sagen, sie wollten Betriebskosten und Zuschüsse prüfen lassen, werden wir uns dem aber natürlich nicht verschließen.
Sie werden einem Gutachter alle Ihre Bücher öffnen müssen.
Auf diesen Gutachter warten wir schon seit einem Jahr. Es ist seit einem dreiviertel Jahr beschlossene Sache in der Stadt, dass sogar zwei Gutachter die Betriebskosten im Auftrag der Stadt prüfen. Wir kennen bereits die Namen der Gutachterfirmen, die dies machen sollen, die Stadt hat diese bisher aber nicht beauftragt. Wir sind hundertprozentig mit der Prüfung einverstanden.
Auf der Mitgliederversammlung im April haben Sie über eine Neugestaltung des Erbbaupachtvertrages gesprochen, um – wörtlich – „endlich wirklich Herren unseres Stadions zu werden“. Was im Vertrag muss sich grundlegend ändern?
Im Vertrag von 2001 steht, dass Turbine Potsdam kostenlos im Stadion spielt. Es gibt innerhalb der Stadtverwaltung unterschiedliche Positionen dazu. Die einen sagen: Ja, das kann man so machen. Andere sind hingegen der Meinung, dass das schon damals eine zwiespältige Geschichte gewesen sei und man nicht jemanden zum Pächter eines Stadions machen kann mit der Auflage, einen anderen zeitlebens dort kostenlos spielen zu lassen und die Kosten nicht mit zu bedenken. Wenn wir jetzt sagen, dass ein Spieltag 4000 Euro kostet, sind Turbines Spiele hier im Karli von uns auch noch subventioniert. Dann sind diese 150 000 Euro Stadionkostenzuschuss auch alle. Denkbar wäre doch beispielsweise die Variante, dass man Turbine das Geld gibt, und Turbine reicht es uns als faire Miete weiter. Dann wäre das eine saubere Regelung, dann wären wir wirklich Pächter. Es wäre daher wünschenswert, dass wir einen ganz regulären Erbbaupachtvertrag bekommen, der uns in die Lage versetzt, Spieltagskosten angemessen umzusetzen. Ideen gibt es viele. Es liegt aber noch keine Entscheidung darüber vor, wie das Verhältnis zwischen Turbine und Babelsberg 03 künftig gestaltet werden wird.
Zurück zum Sportlichen: Wo sehen Sie Babelsbergs Drittliga-Team im Sommer nächsten Jahres?
Ich habe auf der Abschlussfeier der Mannschaft vor einer Woche gesagt, dass ich möglichst nie mehr als Ziel ausgeben möchte, dass wir nur um den Klassenerhalt spielen. Es würde uns viele Sorgen abnehmen und frühzeitig für Planungssicherheit sorgen, wenn wir den schon ein paar Spieltage vor Schluss in der Tasche hätten. Wir möchten im nächsten Jahr möglichst auf einem gesicherten Mittelfeldplatz ankommen und uns in der Liga etablieren. Nachdem wir jetzt im ersten Jahr die Rettung des Vereins geschafft und neue Strukturen angestoßen haben, muss sich jetzt im zweiten Jahr bewahrheiten, dass das funktioniert.
Das Interview führte Michael Meyer.
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