Landeshauptstadt: Auf Spurensuche
Thomas M. und Björn L. sind in Haft - wer sind die mutmaßlichen Täter?
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Ist der Potsdamer Deutsch-Äthiopier Ermyas M. seinen späteren Angreifern schon vor dem Überfall begegnet? Nach PNN-Informationen soll das Opfer am späten Abend des Ostersamstags die Diskothek „ArtSpeicher“ in der Zeppelinstraße besucht und gegen zwei Uhr „erheblich alkoholisiert“ das Haus verlassen haben. Schon im „ArtSpeicher“ soll es erste Rangeleien zwischen Ermyas M. und den nun Tatverdächtigen Björn L. und Thomas M. gegeben haben, die dort als Türsteher gearbeitet haben sollen. Frank Spiesecke, Chef des „ArtSpeicher“, wollte dazu keine näheren Angaben machen, da er von der Polizei dazu angehalten worden sei.
Gestern Mittag wurden die beiden des versuchten Mordes Verdächtigen auf dem Polizeigelände in Potsdam-Eiche in Handschellen, mit schwarzen Augenbinden und Hörschutz in den Hubschrauber der Bundespolizei geführt, der sie zur Vernehmung zum Haftrichter nach Karlsruhe brachte. Dort wurden sie bis zum Abend zu dem Mordversuch befragt. Am späten Abend wurde Haftbefehl gegen sie erlassen. Beide Verdächtigen bestreiten die Tat und berufen sich auf Alibis.
Ls. Mutter sagte, er sei zur Tatzeit an einer Angina erkrankt gewesen. Sie habe ihn im Bett gesehen. Laut einem Arbeitgeber von Björn L. hatte dieser am Montag vor der Tat einen Krankenschein vorgelegt. L. habe "kaum sprechen können", so die Information, die den PNN vorliegt. Aus seinem direkten Umfeld, das sich gestern beraten hatte, verlautete, dass Freunde vor der Polizei bestätigen wollten, dass sie L. am Tatabend von der Disko „ArtSpeicher“ nach Hause gefahren hätten, da es ihm nicht gut gegangen sei.
Der Verdacht gegen die beiden Männer aus der Türsteherszene stützt sich laut Bundesgeneralanwalt Kay Nehm auf Augenzeugen der Tat und auf DNA-Spuren. Auf Flaschenscherben am Tatort am Bahnhof Charlottenhof sei Blut gefunden wurden, das nicht von dem Opfer stamme. Ebenso werten drei Stimmenspezialisten des LKA Brandenburg die Stimmen der mutmaßlichen Täter, die sich auf der Handy-Mailbox der Ehefrau des Opfers befinden, in einer Berliner Außenstelle aus. Die Ergebnis sollen bereits vorliegen. Zu einem rechtsextremen Hintergrund der Tat wollte sich Nehm gestern ausdrücklich nicht festlegen. Dem widerspricht die linke Szene in Potsdam. „Es ist hier allgemein bekannt, dass Thomas M. Menschen einschüchtert und auch gewalttätig überfällt“, sagte eine Sprecherin der AK Antifa Potsdam den PNN. Zurzeit würden linke Initiativen aus Berlin und Potsdam Fotos vergleichen, um dem Verdächtigen Thomas M. ein Gesicht zuzuordnen.
Hektische Spurensuche gestern auch in dem Eckhaus in Potsdam-West, in dem Thomas M. wohnen soll. Dort versuchten Kamera-Teams und Journalisten von den Bewohnern Informationen über den Nachbarn zu erlangen – ohne Erfolg.
Den Brandenburger Sicherheitsbehörden ist Thomas M. allerdings bereits mehrfach in der rechtsextremen Szene aufgefallen. Zuletzt im Umfeld des Tram-Prozesses gegen die rechten Schläger, die in der Innenstadt eine Straßenbahn gestoppt und zwei Jugendliche verprügelt haben. Dort wie auch während des „Chamäleon“-Prozesses soll Thomas M. vor dem Gerichtsgebäude als eine Art Bodygard eingesetzt gewesen sein. Damals wurden Linke, Prozessbeobachter und Journalisten vor und im Gericht bedrängt und bedroht. Vor den Prozessen sei er den Behörden vier Jahre lang nicht weiter aufgefallen. Früher habe Thomas M. zum Umfeld des rechten Schlägers Markus S. gehört, der beim „Tram“-Prozess vor einem halben Monat zu fünf Jahren Haft verurteilt wurde. Ebenso gehöre Thomas M. zu den Freunden des Hooligans Matthias R.
Auch der zweite Verdächtige Björn L. ist den Behörden bekannt. „Piepsi“ – so sein Spitzname wegen der hohen Stimme – gilt als gewalttätiges und kriminelles Mitglied der Potsdamer Türsteherszene. Er sei bereits mehrfach aufgefallen wegen Kokainschmuggels- und Handels, illegalem Waffenbesitzes und diverser Betrugstaten. Gegenwärtig drängt ein Rocker-Gruppe namens „Gremium“ in die Türsteherszene in Potsdam, der L. angehören soll. Sektionen von „Gremium“ in anderen europäischen Ländern würden mit Drogen- und Waffenhandel in Verbindung gebracht. Zwischen der Potsdamer Sektion und der rechten Musikszene Berlins soll es laut Sicherheitskreisen „Überschneidungen“ geben. L. selbst sei bisher nicht als rechtsradikal bekannt. In seinem Ort soll er immer wieder mit Tarnuniform gesehen worden sein.Auch in der linken Szene Potsdams ist Björn L. kein Begriff. Bekannt sei nur, dass er in einem Babelsberger Café arbeite. Beide Verdächtige sollen in einer Autovermietung in der Innenstadt arbeiten und als Bodybuilder in Potsdamer Fitnessstudios trainieren. Die Festnahme von Björn L. scheint spektakulär verlaufen zu sein: An einer Kreuzung im Süden der Stadt bei der Autobahn 115 sei die Ampel auf Rot geschaltet worden. Quer gestellte Wagen blockierten den Verkehr. Dann hätten Polizisten mit Sturmhauben ihn festgenommen. HK/pet/fan/jab/DB/ERB
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