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Ausgesprochen KAPUSTE: Auf zur Vernissage

Die Potsdamer Vernissagen zeitgenössischer Kunst sind gut besucht. Meist von den gleichen Leuten.

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Die Potsdamer Vernissagen zeitgenössischer Kunst sind gut besucht. Meist von den gleichen Leuten. Nach drei, vier Vernissagen kennt man sie alle. Das hält manche Interessenten von einem Besuch ab. Sie befürchten, als nicht dazu Gehörige aufzufallen. Hier einige Tipps, wie man dies vermeiden kann.

Als erstes gilt, was für alle wichtigen Ereignisse – Verzeihung, Events – gilt: Seien Sie nie pünktlich und stürzen Sie sich nicht gleich auf die ausgestellten Objekte. Das wäre uncool. Sie müssen niemanden begrüßen und dürfen sich ganz locker unters Publikum mischen. Zum erlauchten Kreis derer, die von den veranstaltenden Damen und Herren mit entzückten Rufen und hingebungsvoll mit Küsschen, Küsschen begrüßt werden, gehören Sie sowieso nicht. So etwas will hart erarbeitet werden.

Da der Besuch kostenlos ist, müssen Sie sich als Gegenleistung im Schnitt drei begrüßende, dankende und erklärende Reden anhören. Danach wissen Sie in etwa, was die Künstler mit ihren Werken sagen wollen, und warum gerade diese Ausstellung ein Glücksfall für Potsdam ist. Gelegentlich bekommen Sie mehrmals dasselbe zu hören. Sind Stühle aufgestellt, sind lange Reden zu erwarten.

Anschließend dürfen Sie sich die Ausstellung ansehen. Da die routinierten Besucher, Weingläser in der Hand und in wichtige Gespräche vertieft, gerne vor den Objekten stehen, die Sie unbedingt betrachten wollen, ist Ihr Durchsetzungsvermögen mittels dezent ausgefahrener Ellenbogen gefordert.

Gut macht es sich, wenn Sie mit einer Preisliste umherwandern. Seien Sie nicht irritiert, wenn das grob körnige Foto einer an einem Strand dösenden Katze nicht die von Ihnen geschätzten 300, sondern 2 500 Euro kostet. Wagen Sie trotzdem einen Kauf. Auch wenn Sie damit zu Hause Unwillen oder gar einen handfesten Krach riskieren. Haben Sie nicht, wenn Sie die Verkaufserlöse arrivierter zeitgenössischer Kunstwerke erfuhren, oft gedacht, ach, hätte man sie doch vor Jahrzehnten kaufen können! Damals, als sie noch erschwinglich waren und sich vor allem Staatsanwälte für Baselitz interessierten und man bei Gerhard Richters verwischten Bildern anfing, die Brille zu reinigen. Jetzt bringen die Werke Millionen, und hingen doch anfangs bei Vernissagen ähnlich wie dieser. Jawohl, Millionen! Also, zugreifen!

Unser Autor ist ehemaliger Stadtverordneter der CDU und war Vorsitzender des Ausschusses für Kultur. Er lebt in Eiche.

Eberhard Kapuste

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