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Restaurierungszentrum der Schlösserstiftung in Potsdam: Aufgemöbelt

Das Wissenschafts- und Restaurierungszentrum der Schlösserstiftung am alten Hans Otto Theater wächst. In einem Jahr soll es fertig sein. Ein Besuch auf der Baustelle.

Von Peer Straube

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Sanssouci - Von außen sieht es tatsächlich ein bisschen aus wie ein Ensemble von Gewächshäusern. Schlichte, mit gelben Ziegeln verkleidete Gebäude, die Längsfassaden aus Stahl und Glas, die Dachflächen abgeschrägt. Doch in den Neubauten zwischen Zimmerstraße und Am Grünen Gitter werden keine Gurken oder Tomaten gezüchtet – hier wird künftig Wissen gemehrt, hier werden wertvolle historische Schätze gepflegt, aufbewahrt und restauriert.

Trotzdem verweist die Architektur des neuen Wissenschafts- und Restaurierungszentrums der Schlösserstiftung auf die Historie – schließlich wurde die Fläche einst als Obst- und Gemüsegarten genutzt. Für die Welterbehüter der Stiftung ist es der erste große Neubau seit 100 Jahren, seit im Neuen Garten mit Cecilienhof das letzte Hohenzollernschloss errichtet wurde. Entsprechend hoch sind die Ansprüche. „Wir wollen hier auch Baukunst schaffen“, sagt Ayhan Ayrilmaz selbstbewusst. Als Herr über den 155 Millionen Euro schweren Masterplan ist er auch zuständig für das 26 Millionen Euro teure Neubauvorhaben, mit dem die Stiftung nach jahrelanger Vorplanung 2013 begonnen hat. Auf dem ehemaligen Gelände des Hans Otto Theaters, dessen historische Gebäude saniert werden und das Ensemble komplettieren, entsteht ein Komplex, der die jetzt noch auf mehrere Standorte verteilten Schätze der Stiftung bündelt: So soll die wissenschaftliche Bibliothek dort unterkommen, das Fotoatelier, das Dokumentations- und Informationszentrum, die Grafischen Sammlungen, die Restaurierungswerkstätten für Gemälde, Rahmen, Textilien, Papier und Wandbespannungen, das naturwissenschaftliche Labor und das Archiv der Königlich-Preußischen Porzellan-Manufaktur (KPM). Insgesamt 70 Stiftungsmitarbeiter bekommen ab 2016 hier ihren neuen Arbeitsplatz.

Originalpläne von Peter Joseph Lenné

Rund 40 Maurer, Dachdecker und Heizungsbauer tummeln sich derzeit täglich auf der Baustelle, noch im Juli machen sie den Handwerkern für den Innenausbau Platz. Auch wenn im Innern des Rohbaus noch viel zu tun ist: Die Dimensionen lassen ahnen, um welche Größenordnungen an Beständen es hier geht. Demir Arslantepe, Projektkoordinator bei der Schlösserstiftung, zeigt einen riesigen Raum im Obergeschoss eines der Neubauten. „Hier kommt die Grafische Sammlung rein“, erklärt er. 100 000 Blatt umfasst sie, darunter solche Kostbarkeiten wie die Originalpläne von Peter Joseph Lenné zur Gestaltung des Parks Sanssouci oder die architektonischen Entwürfe König Friedrich Wilhelms IV. Modernste Technik hilft künftig dabei, die Schätze zu schützen: Sollte ein Feuer ausbrechen, schaltet sich automatisch eine sogenannte Hochdruckwassernebelanlage ein, die die Flammen mit Wasserdampf ersticken soll.

Die Grafische Sammlung steht übrigens nicht nur Wissenschaftlern zur Verfügung. Auch Normalsterbliche haben Zutritt. „Wenn jemand beispielsweise einen Originalplan von Lenné sehen will, kann man das anmelden“, sagt Arslantepe. Im Studierraum könne das Objekt dann unter Aufsicht betrachtet werden. Auch die 35 000 Bände der wissenschaftlichen Bibliothek der Stiftung sind öffentlich. „Jeder, der sich für die Geschichte Preußens interessiert, kann hier Dokumente einsehen“, sagt Jürgen Becher, der als Leiter des Dokumentations- und Informationszentrums (DIZ) den Bestand verwaltet, darunter die allein 9000 Bände umfassende Knoll-Bibliothek, die einstmals größte Privatsammlung mit Lektüre zur Person Friedrichs II.

Ehemaliger Theatereingang wird nun wieder Haupteingang

Der Lesesaal ist bislang nur in den Konturen erkennbar, noch bestimmt allerdings auch hier nackter Beton das Bild. Wer ihn künftig besuchen will, muss aber zuerst an der Kasse vorbei. Denn der ehemalige Haupteingang des Hans Otto Theaters wird nun auch der Haupteingang des Wissenschafts- und Restaurierungszentrums. Das Foyer aus dem Jahr 1957 mit der eleganten Theaterkasse aus edlem Holz, den originalen Fliesen und Flügeltüren wird saniert und dient künftig als Empfang. Der Pförtner dürfte damit einen der schönsten Arbeitsplätze in dem Komplex bekommen – nur noch übertroffen vom früheren Büro des Intendanten mit seinem repräsentativen Balkon. Dort wird künftig der Schlösserdirektor der Stiftung seinen Sitz haben.

Weil der gesamte Altbaukomplex an der Zimmerstraße ein Denkmal ist, prangt künftig weiterhin der Schriftzug mit dem Namen des Theaters an der Fassade. Aus demselben Grund hängt auch die zu DDR-Zeiten angebrachte Tafel, mit der an den hier im Jahr 1946 abgehaltenen Vereinigungsparteitag der Brandenburger KPD und SPD zur SED erinnert wird, wieder – frisch gereinigt. Womöglich werde aber noch eine Zusatztafel angebracht, auf der die Besucher über die Hintergründe informiert werden, sagt Aylrimaz. In den ältesten Gebäudeteil des einstigen Theaters soll auch wieder Gastronomie einziehen und damit eine Tradition fortgesetzt werden, die bis ins 18. Jahrhundert zurückreicht. Für das Café, das in den Räumen der früheren Theaterklause geplant ist, wird noch ein Pächter gesucht.

Die strengen Kriterien der Denkmalsanierung hat die Stiftung auch für die fünf Neubauten im Gewächshausstil angewendet. An einer Musterstele wurden unzählige Ziegel eingemauert, um die für das Ensemble passendste Farbnuance zu finden, auch das Dach wurde zum Teil dreimal gedeckt, damit es vor allem zur Parkseite hin möglichst unauffällig wirkt. Aus demselben Grund werden auch die meisten Giebel der Neubauten mit wildem Wein berankt. „Wir bauen hier schließlich im Park von Sanssouci“, sagt Arslantepe. „Das ist eine große Ehre.“

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