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Wieder oben: Die 19-jährige Anastasia Kan während der Taufe durch Pastor Michael Lefherz im Wasser des Heiligen Sees.

© Andreas Klaer

Von Anja Priewe: Aufgetaucht!

Die Potsdamer Baptisten-Gemeinde feierte ihre Wassertaufe erstmals unter freiem Himmel

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Berliner Vorstadt - Vorsichtig tastet sich Anastasia Kan mit ihren Füßen in das kalte Wasser vor. Im Vergleich zu den vergangenen Tagen hat es sich merklich abgekühlt. Der Himmel ist wolkenverhangen und es weht ein leichter Wind. Anastasia trägt ein langes weißes Taufkleid, das sich zunehmend mit Wasser voll saugt. Nur langsam kommt die 19-Jährige voran. Als sie endlich die Stelle erreicht, wo Pastor Michael Lefherz auf sie wartet, bleibt sie ruhig stehen. Der junge Pastor nimmt sie mit einem vertrauten Lächeln in den Arm und spricht den Taufsegen. Dann drückt er sie behutsam unter das Wasser. Für einen Augenblick ist Anastasia nicht mehr zu sehen: Sie ist untergetaucht im Wasser des Heiligen See.

Als die junge Frau wieder an die Oberfläche kommt, ist ihre Wimperntusche verwischt und die hochgesteckten Haare hängen ihr ins Gesicht. Der schwere Stoff klebt wie eine zweite Haut an ihrem Körper. Rasch zupft sie das nasse Kleid zurecht und watet glücklich ans Ufer zurück, wo ihre Mutter sie mit einem Strauß Blumen in die Arme schließt. Anastasia ist glücklich: Nun gehört sie endlich dazu.

Die Baptisten Gemeinde hat in Potsdam rund 220 Mitglieder und zählt zu den christlichen Freikirchen in Deutschland. Übersetzt aus dem Griechischen bedeutet die Bezeichnung „Baptisten“ soviel wie „untertauchen“. Heute existieren ihre Gemeinden in 160 Ländern der Erde. Ihre Anhänger werden mit rund 47 Millionen angegeben.

Neben der 19-jährigen Abiturientin wurden gestern fünf weitere gläubige Menschen in die Evangelisch-Freikirchliche Baptisten-Gemeinde Potsdam aufgenommen. Die meisten von ihnen sind im jugendlichen Alter. In Zeiten wie diesen, in denen die Kirchenbänke immer leerer und eher von alten Menschen besetzt werden, erfreut diese Tendenz Pastor Michael Lefherz ganz besonders. Auch für ihn war die erste Wassertaufe unter freiem Himmel etwas ganz besonderes: „Ich freue mich, dass so viele gekommen sind, um mit uns zu feiern.“ sagte er.

Was jedoch bewegt junge Menschen heute noch zu einem Glaubensbekenntnis zu Gott? Für Anastasia und ihren Freund Matthias Richter, der sich ebenfalls an diesem Sonntag taufen ließ, ist die Antwort klar: „Wir wollen unseren Weg im Einvernehmen mit Gott gehen“, antwortet Matthias überzeugt. „Außerdem hat das Leben in der Gemeinde unser eigenes um vieles bereichert“, ergänzt ihn Anastasia, die vor zehn Jahren mit ihrer Familie aus Kirgistan nach Deutschland kam. Sie schätzt vor allem den Zusammenhalt in der Gemeinde: „Hier fühlt man sich wie in einer großen Familie. Mit meiner heutigen Taufe gehöre auch ich nun dazu“, sagt sie stolz.

Bei den Baptisten gilt die Taufe als das zentrale Ereignis, da man erst mit ihr als anerkanntes Mitglied in die Gemeinde aufgenommen wird. Grundlage ist das selbst ausgedrückte Glaubensbekenntnis zu Gott. Demnach können Babys und Kinder noch nicht getauft werden.

Dass Anastasia und Matthias mit ihrem Bekenntnis zu Gott in ihrem Umfeld oftmals auf Unverständnis stoßen, daran haben sich die beiden gewöhnt. Der 19-jährige ist es egal, was ihre Mitschüler sagen. „In meiner Klasse gibt es viele verschiedene Konfessionen. Trotzdem kommt es hin und wieder zu Diskussionen. Mittlerweile reden wir jedoch meist über andere Themen und lassen die Religion außen vor“, meint die 19-jährige selbstbewusst. Über Gott reden, dass passiert für sie deshalb eher innerhalb der Gemeinde, in den Gottesdiensten, im Jugendkreis oder im stillen Gebet daheim.

Im Anschluss an die Taufe ging es zurück in die Kirche, wo der zweite Teil des Taufgottesdienstes stattfand. Danach wurde in den Räumen des Gemeindehauses noch bis in den späten Nachmittag gefeiert. Da war Anastasia jedoch schon nicht mehr dabei. Die befand sich mit ihrer Schulklasse bereits im Bus auf dem Weg nach London.

Anja Priewe

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