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Landeshauptstadt: Aufwärtstrend bei Sozialwohnungen

Modellprojekt und ILB-Zinsnachlass entfalten eine Wirkung, die selbst Experten überrascht

Von Peer Straube

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Das Alarmschlagen hat Wirkung gezeigt: In Potsdam ist die Zahl von Sozialwohnungen binnen zwölf Monaten nach rasanter Talfahrt wieder überraschend deutlich gestiegen. Der Stadt, dem Land und der Pro Potsdam ist es mit einer Reihe von Maßnahmen gelungen, die soziale Wohnraumversorgung im vergangenen Jahr um 50 Prozent zu steigern, in diesem Jahr wird sie sich gegenüber 2010 allem Anschein nach sogar verdoppeln. „Wir sind überrrascht und erfreut“, sagte Hans-Joachim Böttche, Bereichsleiter Wohnen im Rathaus, am Mittwoch vor Journalisten.

Grund für den Aufwärtstrend sind vor allem zwei Faktoren: Zum einen ein Modellprojekt, das die Stadt und die hauseigene Baugesellschaft Pro Potsdam im letzten Jahr gestartet haben. Es ruht auf vier Säulen. So gibt es für einen finanziellen Bonus für jemanden, der freiwillig aus einer größeren in eine kleinere Wohnung zieht und erstere so für Familien freimacht. In 30 Fällen wurde das Angebot im letzten Jahr genutzt. Bedürftige Familien mit Kindern können weiterhin pro Kind und Jahr 100 Euro jährlich für maximal 24 Monate bekommen – 391 Mal wurde dieser Familienbonus 2011 in Anspruch genommen. Wer in Drewitz eine Einraumwohnung mietet und kein Auto hat, kann bei der Pro Potsdam ein kostenloses Jahresticket für den Nahverkehr beantragen. Auch dieser Mobilitätsbonus wurde 34 Mal ausgezahlt. Schließlich gibt es noch die sogenannten flexiblen Belegungsbindungen. Diese Bindungen sind nicht mehr wie bislang an eine bestimmte Wohnung gekoppelt, sondern an die jeweils bedürftige Person. Deren Nettokaltmiete wird bei 5,50 Euro pro Quadratmeter gedeckelt, nach drei Jahren wird die Bedürftigkeit überprüft und kann im Bedarfsfall zwei weitere Jahre verlängert werden. 71 Mal griff dieses System im letzten Jahr.

Allein über diese vier Programme wurden 2011 demnach 526 Wohnungen der Pro Potsdam an sozial Bedürftige neu vermietet. Hinzu kommen weitere 1043 Wohnungen, die ohnehin noch mietpreis- oder belegungsgebunden vermietet wurden, weil sie seinerzeit mit Fördermitteln saniert wurden. Mit den neuen Maßnahmen hat sich die Zahl der Sozialwohnungen binnen Jahresfrist bereits um 50 Prozent erhöht.

Bekanntlich hatte das Rathaus im letzten Jahr Alarm geschlagen, weil die Belegungsbindungen für viele Wohnungen in den nächsten Jahren auslaufen, weil die alten Darlehensverträge enden, an die die Bindung gekoppelt war. Ohne Gegenmaßnahmen, hatte Böttche vorgerechnet, stünden 10 662 Wohnungen mit Belegungsrechten im Jahr 2010 nur noch 780 im Jahr 2021 gegenüber. Berücksichtigt man weiterhin, dass nur zehn Prozent dieser Wohnungen jährlich durch Fluktuation frei werden, ergibt sich ein noch dramatischeres Bild.

Daher hatte auch das Land reagiert. Wie berichtet hat die Pro Potsdam im April mit der Landesinvestitionsbank ILB einen Vertrag geschlossen, der für weitere zunächst 1200 Wohnungen die Belegungsrechte bis 2021 absichern soll. Die ILB gewährt dabei einen Zinsnachlass auf die Kredite, mit der Ersparnis – insgesamt 2,8 Millionen Euro – subventioniert die Pro Potsdam die Mieten. In diesem Jahr sollen somit weitere 400 Wohnungen für maximal 5,50 Euro pro Quadratmeter vermietet werden können.

Pro-Potsdam-Geschäftsführer Jörn-Michael Westphal freute sich über die Entwicklung. Da weder Bund noch Land Wohnungsneubau förderten, müsse man auf viele kleine Maßnahmen setzen.

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