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Landeshauptstadt: Augusta-Stift war Besuchermagnet Tag des offenen Denkmals: Preußens vornehmste Kaserne, Friedrichskirche und Villa Ingenheim

Von Erhart Hohenstein Zwischen Krieg und Frieden schwankte fast zweieinhalb Jahrhunderte die Nutzung der Communs gegenüber dem Neuen Palais. „Krieg und Frieden“ stand als Motto über dem diesjährigen Denkmaltag, und so war die Öffnung des heute der Philosophischen Fakultät dienenden Nordgebäudes eine glückliche Idee der Universität.

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Von Erhart Hohenstein Zwischen Krieg und Frieden schwankte fast zweieinhalb Jahrhunderte die Nutzung der Communs gegenüber dem Neuen Palais. „Krieg und Frieden“ stand als Motto über dem diesjährigen Denkmaltag, und so war die Öffnung des heute der Philosophischen Fakultät dienenden Nordgebäudes eine glückliche Idee der Universität. Nachdem der 1766 bis 1769 von Le Geay und Gontard entworfene Prunkbau zunächst königlichen Gästen und ihren Bediensteten als Unterkunft diente, zogen 1819 die Soldaten des Lehr-Infanterie-Bataillons in die „vornehmste Kaserne der preußischen Staaten“ ein, wie es in der von König Friedrich Wilhelm III. erlassenen Kabinettesordre hieß. Uni-Historiker Frank Göse berichtete dem stattlichen Zuhörerkreis auch, dass es hier während der 1848er Revolution zu einem Soldatenaufstand kam. In der Nazizeit wurde das Gebäude als „Führerschule“ für den Reichsarbeitsdienst (RAD) und für das Reichsmusikkorps genutzt, Am Neuen Palais erlebten 1945 etwa 1300 aus der Stadt geflüchtete Potsdamer die sowjetische Beschießung mit, bei der der Südteil bis auf die Grundmauern ausbrannte. Nach dem Krieg wurde er für die neue Landeshochschule (ab 1951 Pädagogische Hochschule) wieder aufgebaut, allerdings wegen der Nutzung für den Bereich Physik und Chemie im Inneren völlig verändert. Die Uni hat, berichtete Volker Pohl als früherer Bauverantwortlicher, nach der Wiedervereinigung schon 17 Millionen Euro in die Sanierung der Communs gesteckt. Der im Krieg unzerstörte Nordbau ist fertiggestellt, wobei die Raumstruktur im wesentlichen erhalten wurde, das Südgebäude in Arbeit. Labors wird es hier nicht wieder geben, vielmehr sind beide Communs für die geisteswissenschaftlichen Fakultäten der Universität vorgesehen. In der Babelsberger Friedrichskirche auf dem Weberplatz begannen die im Programm der Stadtverwaltung ab 11 Uhr angekündigten Führungen erst nachmittags, um den Gottesdienst nicht zu stören. Im sanierten Turm will die Kirchengemeinde in Zusammenarbeit mit dem Verein Böhmisches Dorf Nowawes und Neuendorf an die Geschichte der unter Friedrich II. angelegten Weberkolonie erinnern. Das hat durchaus etwas mit Krieg und Frieden zu tun, denn die nach Preußen geholten böhmischen Einwanderer erwiesen sich als treue Untertanen, die mit in die antinapoleonischen Befreiungskriege 1813 bis 1815, den Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 und auch in den Ersten Weltkrieg zogen. Die bei der Reparatur des Turms wiedergefundenen Gedenktafeln an die Gefallenen sollen im kleinen Turmmuseum gezeigt werden. Rege war auch der Zuspruch in der Villa Ingenheim an der Zeppelinstraße, dem heute vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt genutzten einstigen Sitz des Kaisersohnes Prinz Eitel Friedrich von Preußen. Mancher der vielen Besucher hörte zum ersten Mal, dass sich diese Einrichtung der Bundeswehr nicht von der Öffentlichkeit abschottet. Ihre militärhistorische Bibliothek, mit 260 000 Bänden die größte im deutschsprachigen Raum, steht jedermann offen. Auch wer dem Schicksal eines im Krieg verschollenen Verwandten auf der Spur ist, erhält hier helfende Hinweise, wenngleich die Hauptaufgabe des Instituts die Forschung und die historische Bildung der Bundeswehrangehörigen ist. 31 Bauten hatten am gestrigen Tag des Denkmals in Potsdam geöffnet, vom Luftschiffhafen über die Glienicker Brücke bis zu den Dorfkirchen der 2003 eingemeindeten Ortsteile. Dem Motto „Krieg und Frieden“ entsprachen allerdings nur wenige, und auch hinter sonst verschlossene Türen konnten die Potsdamer kaum gucken. Auch deshalb wurde das August-Stift am Neuen Garten, wo ab 1902 die „Mädchen in Uniform“ erzogen wurden, bei seiner erstmaligen Öffnung für das Publikum zum Highlight des Denkmaltages.

Erhart Hohenstein

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