Von Michael Meyer: Aus der Höhe möglichst in die Finals
Jaana Ehmcke und Yannick Lebherz starten nun bei den Schwimm-Europameisterschaften in Budapest
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Von 2300 auf 102 Metern Höhe – Jaana Ehmcke und Yannick Lebherz, die gestern mit ihrem Potsdamer Coach Jörg Hoffmann aus dem Trainingscamp in der spanischen Sierra Nevada nach Budapest flogen, setzen auf diesen Effekt bei den Schwimm-Europameisterschaften, die gestern in der ungarischen Metropole begannen. „Mir hat das Training in der Höhe immer geholfen“, erzählt Jaana Ehmcke vom Potsdamer SV im OSC, die am kommenden Wochenende zunächst über 1500 und zum EM-Abschluss über 400 Meter Freistil antreten wird. Durch das Üben in größerer Höhe als der gewohnten steigt die Produktion roter Blutkörperchen und so die Kapazität von Sauerstoffaufnahme und -transport; diese Methode der Leistungssteigerung ist seit Ende der 1960er Jahre international üblich geworden und legal. „Ich bin bisher immer gut damit klar gekommen und hoffe es natürlich auch diesmal“, sagt Ehmcke.
Im Alfred Hajosh Swimming Komplex auf der Margareteninsel mitten in der Donau will die 23-Jährige Kraulerin in ihrem 1500-Meter-Freistil-Vorlauf am Freitag das Finale am Samstag erreichen. „In den Vorläufen werden die ersten acht Frauen schneller schwimmen als dann im Finale“, prophezeit Trainer Hoffmann, vor 19 Jahren selbst 1500-Meter-Weltmeister. „Deshalb wird es möglicherweise schwerer werden, erst einmal den Endlauf zu erreichen, als dann dort eine passable Platzierung zu schaffen.“ Davon geht auch sein Schützling aus. „Ich will am Freitag schneller als in der Qualifikation schwimmen“, erklärt Jaana Ehmcke, die sich bei den Deutschen Langstrecken-Meisterschaften Anfang Juni in Berlin in 16:29,21 Minuten mit Platz zwei hinter Titelverteidigerin Isabelle Härle aus Heidelberg (16:22,05) das EM-Ticket erkämpft hatte. „Im Endlauf muss man dann sehen, wie das Rennen läuft.“
Auf der längsten Strecke im Beckenschwimmen „gewinnt der, der im Laufe dieses Rennens am besten taktiert“, glaubt die gebürtige Bremerin Ehmcke, die sich selbst in dieser Beziehung noch als Lernende sieht, denn Budapest ist ihre internationale Feuertaufe über 1500 Meter Freistil. „Ich bin diese Strecke mal 2007 bei den Deutschen Meisterschaften geschwommen und dann erst wieder in diesem Jahr bei den Landesmeisterschaften in Potsdam und bei der EM-Qualifikation in Berlin“, erzählt die Sportsoldatin, die 2005 in den Potsdamer Luftschiffhafen kam, um hier Schule und Training besser miteinander in Einklang zu bringen, nach Stagnation im Lagenschwimmen auf die langen Kraulstrecken wechselte und 2007, 2008 und 2009 deutsche Meisterin über 800 Meter Freistil wurde, im vergangenen Jahr auch über 400 Meter Freistil. 2010 kraulte sie national zu Silber über 1500 und 800 Meter, verzichtete aber auf einen EM-Start auf der kürzeren Distanz. „Jaana wird sich in diesem und im nächsten Jahr ganz auf die 1500 Meter konzentrieren und erst im Olympiajahr wieder die 800 Meter angehen“, erklärt ihr Trainer.
Der schickt mit Yannick Lebherz vom DSW 1912 Darmstadt einen weiteren Schützling ins Budapester Becken. Lebherz trainiert seit Anfang dieses Jahres in Potsdam bei Jörg Hoffmann und gleitet heute Vormittag im Vorlauf über 200 Meter Lagen erstmals durchs EM-Wasser. Nachdem er sich im Trainingslager in der Sierra Nevada fast eine Woche lang mit Fieber und einem Magen-Darm-Infekt herumschlagen musste und so nicht üben konnte, geht er heute mit nur geringen Erwartungen an den Start. „Über diese Strecke rechne ich mir aber sowieso am wenigsten aus“, meint Lebherz, der 2008, 2009 und 2010 deutscher Meister über 400 Meter Lagen sowie in diesem Jahr außerdem über 200 Meter Rücken wurde. Auf dieser beiden Strecken will der 21-Jährige möglichst in die Finals – ebenfalls mit schnelleren Zeiten als in Berlin, wo er sein Lagen- Rennen in 4:16,77 Minuten und auf dem Rücken in 1:58,09 Minuten jeweils Gold gewonnen hatte. „Nach meiner krankheitsbedingten Pause muss ich aber erst einmal sehen, ob ich rechtzeitig genug in der gewünschten Form dazu bin“, so Lebherz, der 2010 in Europa bislang Viertschnellster über 200 Meter Rücken und Sechstschnellster über die lange Lagendistanz ist. „Vielleicht hat mir diese Pause ja auch gut getan – warten wir ab. Außerdem : Mit ein bisschen Optimismus geht vieles.“
Optimistisch sieht auch Jaana Ehmcke ihrem 1500-Meter-Wettkampf entgegen. Während des mehr als eine Viertelstunde dauernden Rennens werde sie nicht nur physisch, sondern auch psychisch voll gefordert sein, erzählt die Freistil-Spezialistin. „Langweilig wird einem in so einem internationalen Feld nicht“, sagt sie. „Zum einen werde ich genug damit zu tun haben, mich darauf zu konzentrieren, dass mein Körper die ganze Zeit Höchstleistung bringt. Zum anderen muss ich auch auf eine saubere Technik und die Schwimmerinnen neben mir achten – ich habe also gar keine Zeit für andere Gedanken.“
Für die 400 Meter Freistil am Sonntag wird Ehmcke „nur“ etwas mehr als vier Minuten benötigen. „Da“, meint sie ehrlich, „erhoffe ich mir aber auch nichts.“
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