Landeshauptstadt: Aus für Georg Dukiewicz
Der größte Verfechter der für Potsdam fatalen Combino-Anschaffung muss gehen
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Der größte Verfechter der für Potsdam fatalen Combino-Anschaffung muss gehen Von Michael Erbach E-Mails mit der neuesten Nachricht in Sachen Combino machten am Donnerstag im Verkehrsbetrieb die Runde. Es betraf allerdings eine Personalie: Ex-Chef Georg Dukiewicz ist gefeuert. Damit musste der Mann gehen, der als ein großer Verfechter der Niederflurtechnologie 1996 maßgeblich die Anschaffung von 48 Combino-Bahnen vorantrieb. Und der nach der letzten Hiobsbotschaft, wonach die Combino Konstruktionsfehler aufweisen soll, offenbar endgültig den letzten Kredit verspielt hatte. Rückblick: Schon im Vorfeld der Aufsichtsratsentscheidung für die Siemens-Bahnen vom 19. Dezember 1996 gab es Warnungen, die neue Bahn sei ein Prototyp, der sich noch nirgends im Alltag bewähren musste, die Stadt gehe ein großes Risiko ein. Zudem gab es hoch interessante Angebote mit bereits bewährter Technologie. Doch die Combino wurde insbesondere von Dukiewicz als Fahrzeug gepriesen, das dann laut Aufsichtsratsbeschluss „eindeutige technische, benutzerfreundliche, innovative und preisliche Vorteile“ aufweise. Das sah die Kommunalaufsicht des Landes ganz anders, die Anfang 1997 bei einer Überprüfung zu dem Schluss kam, dass „das Vergabeverfahren nicht mit dem geltenden Vergaberecht im Einklang“ gestanden habe. Der Auftrag sei „nicht auf das wirtschaftlich günstigste Angebot erteilt worden“. Bis heute ist unklar, warum diese Feststellung damals nicht zu Konsequenzen führte. Doch nicht genug. Die Staatsanwaltschaft nahm im März1997 Ermittlungen auf und erhob im Oktober 1999 Anklage gegen zwei Siemens-Mitarbeiter wegen Betrugs. Sie sollen während des Vergabeverfahrens aufgrund von Insiderwissen über ein Konkurrenzangebot das eigene Preisangebot so verbessert haben, dass die Siemens AG am Ende den Auftrag für das 150-Millionen-DM-Projekt bekam. Die Ermittlungen gegen Dukiewicz und weitere leitende ViP-Mitarbeiter wurden relativ schnell eingestellt, weil Betrugsvorwürfe „nicht mit der für eine Anklage erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden konnten“, so die Staatsanwaltschaft. Die Gerichte lehnten es später ab, das Verfahren gegen die beiden Siemens-Mitarbeiter zu eröffnen. Während der Verhandlungen im Jahr 1996 saßen sich Dukiewicz und die beiden später Angeklagten wohl mehrfach gegenüber. Sieben Jahre später gehörte Paul S., einer der beiden damals Angeklagten, zu den Vertretern der Firma Siemens Transportation Systems (STS), die sich am 17. Dezember 2003 mit Abgesandten betroffener Städte zum Thema „Ansätze zur Behebung von Mängeln an Combinos“ trafen. Ein Termin, dessen Brisanz Dukiewicz dem Aufsichtsrat bei der Tagung am 9. Dezember verschwiegen haben soll. Treffpunkt war das Sheraton-Hotel am Flughafen Frankfurt. Da war zum ersten Mal offiziell von Rissen in den Wagenkästen die Rede, die als „katastrophal“ eingestuft wurden. Und auch davon, dass das Sanierungsprogramm für die Combinos zwei bis sechs Jahre dauern könne und für jedes Fahrzeug danach eine neue Betriebserlaubnis notwendig sei. Am 12. März nahm der Verkehrsbetrieb alle 16 Combinos aus dem Verkehr. Grund war ein Schreiben von Siemens mit der Empfehlung, Combinos mit einer Laufleistung von über 120 000 Kilometern aus dem Betrieb zu nehmen. Seitdem wird der Nahverkehr in Potsdam per Notprogramm und mit Hilfe alter Tatra-Bahnen aufrechterhalten, die nach dem Verkauf ins Ausland zurückbeordert wurden. Der neue ViP-Geschäftsführer Martin Weis hat deutlich gemacht, dass die Combinos solange im Depot bleiben, bis sämtliche Probleme beseitigt sind. Doch bis zum 30. Juni soll sich die Stadt entscheiden, wie es mit der Combino in Potsdam weitergeht. Neue Bahnen kaufen oder Ausstieg aus dem Vertrag? Und was wird mit dem Schaden, der bereits entstanden ist und immer größer wird, je länger die 16 Bahnen ausfallen und je kostspieliger die Reparaturen werden? Siemens hat sich zwar bereit erklärt, die Reparaturen kostenfrei zu übernehmen. Doch was ist mit den Kosten für die Ersatzbahnen? Siemens hat zudem bei allen finanziellen Fragen gute Karten – dank der Verträge, die bei der Auftragsvergabe mit der Stadt ausgehandelt wurden. So geht Siemens davon aus, während der Reparaturen vor Ort „kostenfrei in zu vereinbarendem Umfang auf ihre Infrastruktur (des ViP, die Red.) zurückgreifen“ zu dürfen. Das heißt: Bereitstellung von Personal, Werkstatteinrichtung und Verkehrsanlagen zu Lasten der Stadt. Im übrigen haftet Siemens bei Mängeln laut Vertrag ohnehin eigentlich nur mit maximal fünf Prozent des Auftragswertes. Viele offene Fragen, die auch nach der Entlassung von Dukiewicz ungeklärt bleiben.
Michael Erbach
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