Landeshauptstadt: Aus Mirjams Sicht
Schülertheater mit „Jeschua“ in der Friedenskirche
Stand:
„Mia, das hast du schon mal viel besser gemacht.“ Markus Schütte hebt die Arme über den Kopf. „Das muss eindringlicher kommen. Erzähl uns eine Geschichte“, fordert der Pfarrer der Friedenskirche von dem 14-jährigen Mädchen. Im langen Gewand auf einem Podest vor dem Altar stehend, ringt Mia um ihre Konzentration.
Es sind die letzten Proben zum Theaterstück „Jeschua“, das die aus vielen Potsdamer Schulen kommenden Konfirmanden am Freitag und Samstag in ihrer Kirche aufführen wollen. Mehrere Monate haben sie sich mit der Leidensgeschichte Jesu befasst, die in dem Stück aus der Sicht der Mirjam, bekannt als Maria Magdalena, erzählt wird. „Ich will, dass die Jugendlichen sich in einer anderen Form mit dem biblischen Text vertraut machen“, sagt Schütte. Das Theaterspielen helfe ihnen, sich in die Rollen der einzelnen Personen hineinzuversetzen und deren persönliche Tragödien – den Verrat des Judas oder das Scheitern des Petrus – besser zu verstehen.
Besonders am Herzen lag Markus Schütte, der Gestalt der Mirjam Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. „Die Jugendlichen kennen die Maria Magdalena vor allem aus Dan Browns Roman ’Sakrileg’, der allerdings sehr beliebig mit ihrer Geschichte umgeht.“
Der Pfarrer hat sich gemeinsam mit seinen Schülern den „Da Vinci Code“, die Verfilmung des Buches, angeschaut, um ihnen anschließend eine völlig andere Sicht auf Maria Magdalena zu eröffnen: die der Schriftstellerin Luise Rinser. „Mirjam“ ist in deren gleichnamigen Roman eine selbstbewusste Frau, die mit Hingabe, Liebe und Vertrauen für die eigenen Überzeugungen eintritt und sich nicht beirren lässt, obwohl sie als Frau in ihrer Zeit nahezu rechtlos war.
Weil Rinsers Roman auch außerbiblische Überlieferungen aufgreift und künstlerisch verarbeitet, hat Markus Schütte Texte daraus für das Theaterstück ausgewählt. Mia ist es, die auf der Bühne als älter gewordene Mirjam berichtet, wie sie Jesus einst begegnete, zur Jüngerin wurde, wie sie aus nächster Nähe alles miterlebte: das letzte Abendmahl, Gefangennahme und Verurteilung, Kreuzigung, Tod und Auferstehung.
Was das Mädchen erzählt, wird auf einer zweiten Bühne von den anderen Schülern in Szene gesetzt. Es sind nicht die allseits bekannten Geschehnisse, sondern eher solche Begegnungen, die sich hinter den Kulissen abspielten. „Wir versuchen, diese Leerstellen auszufüllen. Und die Schüler machen das richtig gut“, lobt Markus Schütte. Immerhin seien es Laien und nicht jeder bringe Erfahrungen aus einem Schülertheater mit.
Bei aller Aufgeregtheit der letzten Proben zeigt sich der Pfarrer doch sehr zufrieden. Für ihn ist es bereits die dritte Theaterarbeit an der Friedenskirche. Ein unvergleichlicher Kraftakt, bei dem Lernen, Spielen, Reden und Verstehen ineinander fließen müssen. Denn für die meisten Schüler ist es weit mehr als ein Schauspiel. Es ist ihre Abschlussarbeit, mit der sie sich auf das für sie so wichtige Ereignis ihrer Konfirmation vorbereiten. Antje Horn-Conrad
Friedenskirche, 27./28. März, 19 Uhr
Antje Horn-Conrad
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: