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Aus dem GERICHTSSAAL: Aus Wut über Lärm geböllert

Drewitzer soll 35-Jährigen mit Kracher verletzt haben

Stand:

Niemand kann an zwei Orten gleichzeitig sein. Laut Staatsanwaltschaft soll Tim T.* (20) gegen 1.40 Uhr des 13. November 2011 einen sogenannten Polenböller aus dem Küchenfenster seiner Drewitzer Wohnung geworfen haben, weil er sich über zwei Männer ärgerte, die lautstark auf dem Gehweg debattierten. Der in Deutschland verbotene Feuerwerkskörper soll direkt vor den Füßen des späteren Opfers gelandet sein. Als dieses den Böller, den es für eine Zigarettenkippe hielt, aufhob, soll er explodiert sein und dem Mann die Kuppe des rechten Zeigefingers abgerissen haben. Außerdem sei das Trommelfell seines rechten Ohres gerissen, was zu einer dauerhaften Einschränkung des Hörvermögens geführt habe.

Praktikant Tim T. – angeklagt wegen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion und gefährlicher Körperverletzung – versicherte am Donnerstag vor dem Jugendschöffengericht, er sei in besagter Nacht auf einer Geburtstagsfeier in der Waldstadt gewesen. Ein Foto der Gastgeberin belegt seine Anwesenheit, allerdings konnte keiner der befragten Zeugen sagen, wann der Potsdamer die Party verlassen hatte. Sascha S.* (35), der vermeintlich Geschädigte, blieb dem Prozess trotz ordnungsgemäßer Ladung fern. Gegen ihn wurde ein Ordnungsgeld von 150 Euro erlassen. Sein Cousin, der an jenem Abend mit ihm unterwegs war, konnte sich „nicht mehr so gut, eigentlich gar nicht“ an den Vorfall erinnern, da er stark alkoholisiert gewesen sei. Polizeibeamte, die ursprünglich wegen nächtlicher Ruhestörung nach Drewitz gerufen wurden, verschafften sich Zutritt zu zwei Wohnungen des besagten Blocks, aus denen der Sprengkörper geworfen worden sein könnte. Sie registrierten, dass das Küchenfensterbrett in der Wohnung des Angeklagten, in der er mit Freundin und Kleinkind wohnt, abgeräumt war, schauten oberflächlich in einige Schubladen, fanden allerdings nichts Verdächtiges. Tim T. erklärte, das Fensterbrett habe er wegen seiner Katze geräumt, die nicht besonders vorsichtig sei, wenn sie auf die Straße schauen wolle. Er habe das Fenster auf keinen Fall geöffnet, um einen Feuerwerkskörper daraus zu schmeißen. Ein Ehepaar, das die darunter liegende Wohnung als Feriendomizil nutzte, vernahm einen ohrenbetäubenden Knall, kurz danach eine weibliche und eine männliche Stimme. Ein Hausbewohner versicherte bei der polizeilichen Vernehmung, er habe den Tonfall seines Nachbarn Tim T. erkannt. Als Zeuge vor Gericht war er sich plötzlich „nicht mehr sicher“.

Ohne den Verletzen zu hören, könne kein Urteil gesprochen werden, befand die Vorsitzende und vertagte die Verhandlung auf den 25. März. Dann soll unter anderem auch die Freundin des Angeklagten gehört werden. (*Name geändert.) Hoga

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