Landeshauptstadt: Aus zwei Metern in den Tod gefallen
Der Sporthallenbau am Luftschiffhafen war erneut Unglücksort: Familienvater starb bei Bauarbeiten
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Am Ende steht wie immer die Frage nach dem Warum. Und wie so häufig kann sie keiner beantworten. Nicht, weil es keiner will, sondern weil die Umstände so unfassbar sind. Zum zweiten Mal innerhalb eines halben Jahres ist ein Arbeiter beim Neubau der Sporthalle am Luftschiffhafen ums Leben gekommen. Nach bisherigen Erkenntnissen ist er von einer Arbeitsplattform aus zwei Meter zwanzig Höhe gestürzt und soll seinen Verletzungen am Unfallort erlegen sein. Der 38-jährige Mann aus Serbien hinterlässt seine Frau und ein dreijähriges Kind.
Nur schwer finden Horst Müller-Zinsius und Mehmet Gezer Worte. Der Geschäftsführer der Pro Potsdam als Bauherr der Halle und Gezer als Chef der Firma Anes, die für den Rohbau verantwortlich ist, haben am Montag erneut die Unfallstelle besichtigt. Diese wirkt am Montag ruhig, kaum etwas weist noch auf die Tragödie hin. Das Landesamt für Arbeitsschutz hat im Auftrag der Staatsanwaltschaft die Ermittlungen übernommen und die Unfallstelle inspiziert. Allein die Handschuhe, die auf einer Metallschiene an der Decke liegen, erinnern an die Arbeit des Serben.
Wie Gezer und Müller-Zinsius sagen, war der Mitarbeiter am Freitagnachmittag alleine in diesem Bereich, um kosmetische Arbeiten an der Betondecke vorzunehmen. Die kleinen Betonnasen sollten abgeschabt werden, damit dann direkt gestrichen werden kann. Dafür stand der Familienvater auf einer Bühne mit Plattform und Sicherungsgerüst. Auf der Schiene an der Decke liegen die Handschuhe, die der Serbe kurz vor seinem Sturz in den Tod abgestreift haben muss. Es ist die künftige Fechthalle, auf dem Boden sind schon die Schienen für die Ausrüstung der künftigen Planchen zu erkennen. Ob alles so war, wie es der Arbeitsschutz verlangt, ist nicht bekannt. Auch Arbeitsschutzberater Jürgen Richter weiß nicht, was vorgefallen ist. Einen Helm habe der Mann in diesem Bereich nicht tragen müssen. Der hätte ohnehin nicht viel geholfen, meint Richter. Weil bei Stürzen die Helme ohne Gurt vom Kopf abfallen. Dass für den Arbeiter jede Hilfe am Freitag zu spät kam, kann sich ebenfalls kaum einer erklären. Der Polier habe den Mann mit einer blutenden Kopfwunde direkt am Gerüst liegend gefunden. Dies sei gegen 15.50 Uhr gewesen. Die Rettungssanitäter hätten versucht, den Mann zu reanimieren. Erfolglos.
Der Polier, der den Mann gefunden hat, sei dieser Tage aus Fürsorgegründen freigestellt, sagte Gezer. Auch der Bauleiter habe frei, um das Ganze zu verarbeiten. psychologische Hilfe stehe bereit. Beide haben nun den zweiten Kollegen auf der Baustelle verloren – laut Gezer die ersten schweren Unfälle seiner Mitarbeiter seit der Firmengründung 2001. Mehr als 100 Projekte hätten sie in den Jahren verwirklicht. Warum ausgerechnet jetzt und hier so etwas passiert, wisse er nicht.
Gezer spricht leise. Er sagt, er will die Familie unterstützen. Es sei schwer, den Angehörigen solch eine Nachricht zu überbringen. Verwandte und Freunde des Verstorbenen lebten in Berlin, der Serbe habe seit Februar im Unternehmen gearbeitet. Jener Monat, in dem der erste Unfall passierte. Damals starb Jochen B. nach einem Sturz von der Leiter aus 3,50 Meter Höhe. Die Pro Potsdam und die Stadt hatten damals auf ein üppiges Richtfest für den 18-Millionen-Euro-Bau, der im September fertig sein soll, verzichtet und das Geld der Familie des Verunglückten gespendet. Jan Brunzlow
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