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Landeshauptstadt: Ausgesperrt vom eigenen Hof?

Folgenreiche Fehler der Stadt bei Grundstücksverkauf/Babelsberger muss Zufahrt zum Grundstück einklagen

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Seit zwanzig Jahren fährt Udo Kern in der Karl-Gruhl-Straße 22 durch die Einfahrt neben seinem Weberhaus aufs Grundstück. Als er mit dem Trabi 1986 diese Einfahrt erstmals nutzte, fuhr er streng genommen nicht über eigenes Land. Aber die Stadt hatte das baufällige Nachbarhaus abreißen lassen und niemand störte sich am Gewohnheitsrecht.

Nach der Wende ahnte Kern, dass es damit eines Tages nicht so weitergehen könne. Er schloss für die Benutzung der Zufahrt mit dem Eigentümer, der Stadt Potsdam, einen Pachtvertrag ab. 210 DM zahlte er jährlich für 350 Quadratmeter Fläche. „Das ist die einzige Zufahrt für das Grundstück“, sagt er. Er war daher äußerst beunruhigt, als die Stadt im Jahr 2000 den Pachtvertrag kündigte. Grund war ein Investitionsvorrangverfahren für die zwei Nachbargrundstücke Bei der städtischen Grundstücksverwaltung beantragte Kern daher die Grunddienstbarkeit einzutragen, das heißt das Recht zur Benutzung der Zufahrt auf einem drei Meter breiten befestigten Weg.

Eine neue Eigentümerin erwarb im Rahmen des Investitionsvorrangverfahrens die Nachbargrundstücke Nummer 20 und 21; im Kaufvertrag sind Kerns Rechte zugesichert. So schien alles bestens geregelt, Aber schon sieben Tage später verkaufte die Erwerberin weiter. „Das hätte die Stadt nach den Bestimmungen des Investitionsvorranggesetzes nie genehmigen dürfen“, beklagt Kern. Ein Weiterverkauf sei danach innerhalb von fünf Jahren nur mit Zustimmung des Verkäufers möglich. Seine Zufahrtsrechte blieben nämlich in diesem ungenehmigten Verkauf auf der Strecke.

Die neuen Käufer berufen sich jetzt darauf, sie hätten ihr Grundstück „lastenfrei“ erworben und bestreiten Kerns Rechte. Zum Kaufzeitpunkt sei keine Grunddienstbarkeit eingetragen gewesen. Kern sitzt gleichsam in der Tinte: „Die Vorgehensweise der Stadt hat dazu beigetragen, dass ich jetzt vor dem Landgericht wegen meiner Zufahrt, die mir die Stadt Potsdam schriftlich zusicherte, klagen muss.“

Sönke Jensen vom Rechtsamt der Stadt räumt ein, dass das Nachbargrundstück „nicht ohne vorherige Zustimmung der Stadt weiterverkauft werden durfte.“ Der Vorgang sei aber „nachträglich genehmigt“ worden. Der städtische Justitiar bestreitet, dass eine Verpflichtung zur Eintragung der Grunddienstbarkeit bestanden habe, obwohl die Verträge definitiv anders lauten. So gibt es sogar eine im Grundbuch eingetragene „Rückauflassungsvormerkung“ für den Fall eines vertragswidrigen Verhaltens der Beteiligten. „Trotzdem sieht die Stadt keinen Handlungsbedarf und verweigert mir jede Hilfe und Unterstützung“, äußert Kern enttäuscht. Er wolle daher eine endgültige gerichtliche Entscheidung erreichen.

Und obwohl Justitiar Jensen „ein Fehlverhalten der Stadt nicht erkennen kann“, teilt er mit: „Nach meinem Dafürhalten dürfte das Landgerichtsverfahren ... erhebliche Erfolgsaussichten haben.“ Nur ein schwacher Trost für den Geprellten.

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