Von Dirk Becker: Ausgespielt
Still und heimlich haben sich die Freien Kammerspiele aus Babelsberg verabschiedet / Zukunft ungewiss
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Babelsberg - Die Freien Kammerspiele Babelsberg spielen nicht mehr. Unauffällig und fast schon heimlich haben die Theaterleute ihre Spielstätte in der ehemaligen Villa Hirsch in der Grenzstraße verlassen. Kein Banner wirbt mehr über dem Tor, kein Schaukasten, in dem auf die nächsten Vorstellungen hingewiesen wird. Nur an einer Häuserwand steht noch „Kammerspiele“. Doch Theater wird hier wohl schon seit Wochen nicht mehr gespielt.
Auf der Internetseite der Kammerspiele Babelsberg steht, dass das Theater eine längere Pause macht, weil der Saal in der Villa Hirsch nicht mehr bespielt werden kann. Als Grund werden Auflagen der Bauaufsicht Potsdam genannt. „Neben fehlenden Fluchthinweisschildern und an der Wand montierten Feuerlöschern sollten vor allem zwei Rauchschutztüren eingebaut werden. Dies war finanziell in der Kürze der Zeit nicht zu stemmen und nach Rücksprache mit dem Eigentümer auch nicht mit weiteren Baumaßnahmen abgestimmt“, heißt es.
Regina Thielemann, Pressesprecherin der Stadt, bestätigte den PNN gestern auf Nachfrage, dass am 28. Januar Mitarbeiter der Bauaufsicht die Spielstätte besichtigt und dabei „erhebliche Mängel und Verstöße gegen die Auflagen“ festgestellt hatten. Daraufhin sei ein Schreiben an die Betreiber gegangen, die angeführten Mängel zu beseitigen oder den Spielbetrieb einzustellen. In Anbetracht der Tatsache, dass der kleine Saal in der Villa Hirsch nur befristet Spielstätte für die Kammerspiele sein konnte, hatten sich die Theatermacher für das vorzeitige Aus entschieden.
Mit dem Stück „Drei Mal Leben“ hatte das fünfköpfige Ensemble der Freien Kammerspiele im vergangenen September seine Spielzeit in der jahrelang leerstehenden Villa Hirsch eröffnet. Neben dem Theater plante das Ensemble Ausstellungen, klassische Konzerte und Jazz, Lesungen und Vorträge mit Gesprächsrunden an dem neuen Standort. Schon damals jedoch stand fest, dass die Arbeiterwohlfahrt als neuer Eigentümer eine Kita für 140 Kinder in dem Gebäude unterbringen will. Die Bauarbeiten sollen im Sommer beginnen und im Februar kommenden Jahres fertiggestellt sein.
Noch im November hatte Christian Schlag, kaufmännischer Leiter der Freien Kammerspiele, gegenüber den PNN gesagt, dass das Ensemble bis zur Sommerpause 2009 in der Villa Hirsch präsent bleiben wolle und sich dann auf die Suche nach einem neuen Standort, natürlich in Babelsberg, machen wolle. Doch daraus ist nichts geworden.
Eine Stellungnahme von den Betreibern der Kammerspiele war gestern nicht zu bekommen, denn das fünfköpfige Ensemble scheint nicht mehr zu existieren. Laut PNN-Informationen ist Christian Schlag seit Anfang des Jahres nicht mehr dabei. Auch andere Mitarbeiter haben dem Theater den Rücken gekehrt. Als Gründe werden persönliche Differenzen, aber auch die schwierige finanzielle Situation der Kammerspiele genannt.
Auf der Internetseite ist Gründungsmitglied Detlef Brand als Manager der Kammerspiele angegeben. Er verspricht eine baldige Rückkehr, „mit einer neuen Inszenierung, mit neuem Ensemble, auf einer neuen Bühne: Die Kammerspiele Babelsberg auf der Studiobühne im Rathaus Babelsberg. Wer die dort angegebene Telefonnummer wählt, wird mit einem Anrufbeantworter verbunden, auf dem Kartenwünsche dankend entgegen genommen werden. Für welche Vorstellungen, das bleibt ein Geheimnis.
Dirk Becker
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