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In zehn Metern Tiefe hängen die Brennelemente des Helmholtz-Reaktors in einem offenen Wasserbecken. In etwa 15 Jahren will das Forschungsinstitut die Arbeit mit den radioaktiven Stäben in Berlin-Wannsee aufgeben.

© Torsten Leukert

Landeshauptstadt: Ausgestrahlt

In 15 Jahren will das Helmholtz-Zentrum seinen umstrittenen Forschungsreaktor in Wannsee stilllegen

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Dem Forschungsreaktor auf dem Helmholtz-Zentrum in Berlin-Wannsee soll der Stecker gezogen werden. In etwa 15 Jahren werde das umstrittene Atomanlage inmitten von Wohnsiedlungen und in Sichtweite von Potsdam-Babelsberg dauerhaft stillgelegt. Das kündigte Helmholtz-Sprecherin Ina Helms am Dienstag gegenüber den PNN an. Zwar wolle man den Reaktor im März nach anderthalbjährigen Umbauarbeiten zunächst wieder in Betrieb nehmen – eine weitere Modernisierung sei jedoch nicht geplant.

Die Anlage soll „praktisch stillgelegt“ werden, erklärte die Helmholtz-Sprecherin. Der 1973 in Betrieb genommene Reaktor komme in 15 Jahren an seine Grenzen. Zukünftig soll demnach nur noch mit schwach radioaktiven Quellen auf dem Gelände hantiert werden. Eine sogenannte Spallationsquelle könnte den Forschungsreaktor ablösen, sagte Helms. Die neue Forschungsanlage soll ohne radioaktive Brennelemente auskommen, wie sie derzeit im Reaktor zum Einsatz kommen. Katastrophenschutzpläne für den Atom-Ernstfall, die außer für Berlin auch für Teile Potsdams und Potsdam-Mittelmarks gelten, würden dann nicht mehr benötigt, so Helms. Verhandlungen mit Geldgebern, wie dem Bund, über den Bau der neuen Anlage müssten allerdings noch geführt werden.

Der Potsdamer Georg Bitcher von der atomkritischen Initiative „Evakuierungsgebiet Babelsberg“ betrachtet die Ankündigung des Helmholtz-Zentrums noch mit Skepsis: „Ich glaube das erst, wenn der Reaktor abgeschaltet wird.“ Für ihn stellt der Forschungsmeiler eine Bedrohung dar. Im Atom-Ernstfall müssten 24 000 Babelsberger Haushalte evakuiert und mit lebensrettenden Jod-Tabletten versorgt werden. Feuerwehr und Taxifahrer sollen die Tabletten dann vor Potsdams Hauseingängen in einer Vier-Kilometer-Zone um den Reaktor ablegen. Der Vorstoß der Stadt, die Tabletten an alle Interessierte auch vorsorglich zu verteilen, ist bislang am Widerstand Berlins und dem brandenburgischen Gesundheitsministerium gescheitert. Der Potsdamer Katastrophenschutzplan werde derzeit überarbeitet, sagte Stadtsprecher Jan Brunzlow. Man sei weiter in Verhandlungen und von einer präventiven Verteilung überzeugt.

Der Helmholtz-Reaktor selbst ist seit Oktober 2010 abgeschaltet und wird umgebaut. Nach der Atomkatastrophe in Fukushima musste auch der Forschungsmeiler einen sogenannten Stresstest bestehen, ehe er wieder arbeiten darf. Den Test habe man bestanden, sagte Helmholtz-Sprecherin Helms. Ab März sollen die Neutronen für die Forscher wieder fliegen. Der Atommeiler sei „robust“, so Helms. Berechnungen hätten gezeigt, dass der Reaktor einem Erdbeben der Stärke 5,0 standhalten würde, auch wenn gleichzeitig auf dem nahen Teltowkanal ein Frachter explodieren würde. Zum Vergleich: In Japan erreichte das Erdbeben eine Stärke von 9,0 und löste bis zu 38 Meter hohe Wellen aus. Ein solches Hochwasser sei in Berlin-Wannsee ausgeschlossen, sagt Helms. Der Reaktor befinde sich zudem auf einem Berg.

Einzige Schwachstelle des Forschungsmeilers bleibt ein Flugzeugabsturz. Der offene, zehn Meter tiefe Wasserbehälter, in dem die Brennelemente schwimmen, ist lediglich durch das Dach einer Leichtbauhalle geschützt. „Kleine Maschinen können dem nicht gefährlich werden, lediglich große Passagiermaschinen.“ Ein solcher Absturz sei sehr, sehr unwahrscheinlich, sagt Helms.

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