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Aus dem GERICHTSSAAL: Ausländer eingeschleust

Schöffengericht ging von Bandenmitgliedschaft aus

Stand:

Als Mitglied einer Bande soll der Bosnier Miroslav M.* (36) in vier Fällen knapp zwei Dutzend Landsleute nach Deutschland eingeschleust haben. Die Fahrten der bis zum Bersten besetzten Autos fanden laut Staatsanwaltschaft zwischen September 2008 und Januar 2009 statt. Die Ausländer – ganze Familien, aber auch Einzelpersonen – wohnten vorübergehend bei einer Bekannten des Angeklagten in Potsdam. Insgesamt 11 000 Euro soll Miroslav M. für seine Schleusertätigkeit kassiert haben.

„Es war nur zweimal im September 2008. Und Geld bekommen habe ich überhaupt keins“, stellt der Mann mit dem schwarzen Pferdeschwanz vor dem Schöffengericht klar. „Ich habe mitgemacht, weil mir versprochen wurde, dass meine Familie dafür beim dritten Mal nach Deutschland gebracht werden würde.“ Doch als er mit seiner Frau und den vier Kindern am vereinbarten Treffpunkt erschienen sei, habe sich sein Kumpel aus Kindertagen, der die Schleusungen organisierte und die ersten beiden gemeinsam mit ihm und einem Dritten durchführte, in Luft aufgelöst. „Ich habe ihn seitdem nicht mehr gesehen“, versichert der Angeklagte.

„Mein Mandant ist in der Tat der kleine Idiot, der zum Schluss mit leeren Händen dasteht“, bringt es Verteidiger Torsten Kauer etwas lax auf den Punkt. Von Bandenmäßigkeit – so der Rechtsanwalt – könne keine Rede sein. Schon beim Haftrichter habe Miroslav M. ein freimütiges Geständnis abgelegt, seine Angaben später widerspruchsfrei und detailgetreu wiederholt. Er habe dem Gericht dadurch eine langwierige und schwierige Beweisaufnahme erspart.

Im Februar 2009 wollte der wegen zahlreicher Fahrten ohne „Pappe“ und versuchten schweren Diebstahls Vorbestrafte seine Familie dann auf eigene Faust über die „Grüne Grenze“ bringen. Er wurde prompt erwischt und von einem deutschen Gericht zu 900 Euro Geldstrafe verurteilt. Den angebotenen Asylantrag lehnten Miroslav M. und seine Frau ab, sie zogen es vor, nach Frankreich zu gehen. „Dort sind wir gemeldet“, betont der Bosnier. „Leider darf ich nicht arbeiten. Wir leben von 500 Euro Sozialhilfe.“ Seit dem 20. Juli dieses Jahres sitzt der Familienvater – inzwischen ist ein weiteres Kind dazugekommen – allerdings wegen seiner Schleusertätigkeit in Brandenburg in Untersuchungshaft.

Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft glaubt dem Angeklagten. Sie beantragt, ihn wegen bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern in zwei Fällen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt werden könne, zu verurteilen. Da Miroslav M. die Geldstrafe von 900 Euro aus dem letzten Urteil noch nicht bezahlt hat, solle sie in die aktuelle Sanktion einfließen. Das Schöffengericht unter Vorsitz von Constanze Rammoser-Bode hält ein Jahr und vier Monate für ausreichend, schreibt die Bewährungszeit auf drei Jahre fest. „Das waren zumindest zwei geplante Schleusungen, an denen zwei bis drei Mittäter beteiligt waren. Es gab Absprachen zwischen ihnen. Wenn das keine Bande ist! Ob der Angeklagte Geld für seine Touren bekommen hat, ist dabei gar nicht von Belang“, führte die Vorsitzende aus. (*Name geändert.) Hoga

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