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Landeshauptstadt: Ausschuss bekräftigt Nein zu Kanal-Ausbau

Passus der Wirtschaftsförderung zum Hafenbau gestrichen / Persönliche Einwände

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Passus der Wirtschaftsförderung zum Hafenbau gestrichen / Persönliche Einwände Marquardt - Die ablehnende Stellungnahme der Stadtverwaltung gegenüber dem geplanten Ausbau des Sacrow-Paretzer-Kanals wurde gestern Abend vom Hauptausschuss mit großer Mehrheit bekräftigt. Auf Antrag mehrerer Fraktionen (Die Andere, Bündnisgrüne, PDS) wurde ein Passus der Abteilung Wirtschaftsförderung gestrichen, der als Ermutigung der Stadt zum Bau einer so genannten „Spundwandliegestelle für Binnenschiffe“ auf Höhe des ehemaligen Institutes für Wasserbau gedeutet werden kann. Die Wirtschaftsförderung hatte darin festgestellt, dass die Bundesplanungen für eine Spundwand (leichte Kaimauer) von 220 Metern Länge den bisherigen Planungen der Stadt für eine „Massengüterumschlagstelle“ – also einen Hafen“ – entspricht (PNN berichteten). Dieser sei zwar im Flächennutzungsplan vorhanden, jedoch kein Konsens, so die Meinung der Mehrheit im Hauptausschuss. Neben der Stadtverwaltung und anderen Institutionen haben auch Einzelpersonen gegen das Vorhaben Einwände vorgebracht. Drei persönliche Positionierungen liegen den PNN vor: Ein Potsdamer, der namentlich ungenannt bleiben will, befürchtet als Anlieger der Wublitz negative Auswirkungen auf die Wasserqualität, die Flora und Fauna sowie des umgebenen Naturraums des Gewässers. Schon der ursprüngliche Kanalbau sowie der Bau der Autobahn A10 habe die Wublitz „gravierend geschädigt“. Ursprünglich sei die Wublitz eine durchgehende Quellrinne gewesen, die in der Havelaue zwischen Falkenrede, Paaren und Uetz beginnt und sich weiter vom Schlänitz- bis zum Zernsee erstreckt, in den sie mündet. Heute sei der Fluss mit Faulschlamm in Höhe von acht Metern aufgefüllt. Die Wassertiefe betrage heute nur noch 40 bis 60 Zentimeter in der Flussmitte, in ausgedehnten ufernahen Bereichen seien es nur zehn bis 20 Zentimeter freies Wasser über dem Faulschlamm. Ein verstärkter Wasserabfluss, wie er durch die Kanalausbaggerung zu befürchten ist, würde dazu führen, dass künftig große Faulschlammflächen freiliegen. Dadurch würde der Freizeitwert der Wublitz für Paddler und Kanuten drastisch abgesenkt, es „käme zu einem erheblichen landschaftlichen Verlust für das Potsdamer Umland“. Eine Verlandung der Wublitz, so ein weiterer Einwand des ortskundigen Potsdamers, werde zu einem deutlichen Rückgang des Artenreichtums führen: „Hier leben und brüten der Eisvogel, der Schwarze Milan und die besonders selten gewordene Trauerseeschwalbe.“ Zudem sei in den vergangenen fünf Jahre wieder Fischotter beobachtet worden. Kritik am Kanalausbau kommt auch von Dr. Jürgen Rendtel, Forscher am Astrophysikalischen Institut Potsdam. Laut Unterlagen des Planfeststellungsverfahrens werde der Wasserspiegel des Kanals und der Potsdamer Havel nur geringfügig absinken. Diesen Berechnungen liegen, so der Wissenschaftler, nur die Durchschnittswerte der Niederschläge zugrunde. Nicht einbezogen sei jedoch der Trend. Jährlich gingen im Potsdamer Raum die Niederschlagsmengen zurück. Gleichzeitig gebe es einen jährlichen Anstieg der Jahresmitteltemperatur. Der damit einhergehende Aspekt der „Versteppung“ – weniger Regen, mehr Wärme, größere Verdunstung – finde keine Beachtung. Dabei seien die Daten auf der Internetseite der Wetterstation auf dem Telegrafenberg für jeden abrufbar (saekular.pik-potsdam.de). Nach Ansicht Rendtels müsse in der Zukunft mit einem stärkeren Rückgang des Wasserstandes gerechnet werden. Auch Dr. Ingeburg Grittner aus Marquardt bemängelt, dass Forschungsergebnisse zum Klimawandel bei den Kanalausbauplänen nicht berücksichtigt worden seien. Zudem sieht sie die Transportkapazitäten für den Kanal nicht als ausgeschöpft an. Weiterhin verweist sie auf die besondere Gefährdung von Feld- und Bergulme im Lenné-Park Marquardt. Guido Berg

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