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Landeshauptstadt: „Außer Crack und Heroin habe ich alles exzessiv genommen“

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Von Gabriele Hohenstein „Ich habe damals fast nichts gegessen, dafür aber doppelt so viel getrunken“, erinnert sich Manuel B. (21, Name geändert) vor dem Jugendschöffengericht. „Es war wirklich richtig schlimm.“ Damals, das war im vorigen Jahr. Da war der gelernte Tischler außerdem noch auf dem Drogentrip. Inzwischen hat der junge Mann erkannt, dass es so nicht weitergehen kann. Momentan absolviert er eine Weiterbildung für Restauration und Sanierung, hat eine erfolgreiche Alkoholentgiftung hinter sich, besucht regelmäßig die ambulante Gesprächstherapie. „Allerdings glaube ich, dass ich geistig nicht mehr richtig auf der Höhe bin“, schätzt Manuel selbstkritisch ein. „An manche Sachen kann ich mich einfach nicht erinnern.“ So weiß der ehemals Alkohol- und Drogensüchtige – „Außer Crack und Heroin habe ich alles exzessiv genommen“ – nach eigener Aussage nicht mehr, dass er in der Nacht des 22. Mai 2002 mit dem Taxi von Berlin nach Potsdam fuhr. „Am Horstweg sollen Sie den Chauffeur aufgefordert haben anzuhalten. Als er den Fahrpreis von 45 Euro forderte, sollen Sie die Tür des Wagens aufgerissen haben und davongerannt sein“, hilft ihm der Staatsanwalt auf die Sprünge. Und er verliest noch eine zweite Anklage. Sie legt dem Potsdamer zur Last, am 18. Dezember vorigen Jahres ohne Fahrerlaubnis mit einem Seat und 2,13 Promille durch den Schlaatz gekurvt zu sein. „Seitdem ich aufgehört habe, Drogen zu nehmen, wird es mit meinem Erinnerungsvermögen immer schlimmer“, schildert der Angeklagte. „Manchmal sitze ich stundenlang zu Hause und weine.“ Das hat der Bewährungshelfer „so krass noch nicht festgestellt“. „Wenn Manuel früher etwas verbockte, hat er es immer zugegeben. Als ich ihn auf die aktuellen Anklagen ansprach, meinte er allerdings nur, es könne schon sein, dass da irgend etwas vorgefallen sei.“ Manuel habe ihm von seinen Minderwertigkeitskomplexen und Depressionen erzählt, auch darüber gesprochen, dass er weder in seiner Familie noch einer Partnerschaft bisher eine stabile emotionale Bindung aufbauen konnte. „Es ist ehrlich ein starkes Ding, dass er unter diesen Umständen seine Berufsausbildung abgeschlossen hat“, so der Vertreter der Jugendgerichtshilfe. Das Schöffengericht beschließt, den bereits wegen Diebstahls, gefährlicher Körperverletzung sowie Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz Vorbestraften auf seine Schuldfähigkeit hin begutachten zu lassen und setzt das Verfahren aus.

Gabriele Hohenstein

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