Landeshauptstadt: Äußere Mission
Kontinental-Partnerschaft für Klima und Entsorgung: Der Oberbürgermeister will im nächsten Jahr in die ostafrikanischen Stadt Sansibar fliegen, um die Beziehungen auszubauen und um zu beraten
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Das Wetter in der Region Sansibar: Es wird freundlich und heiter. Nur vereinzelt kommt es zu Schauern. Die Temperaturen erreichen Werte um 31 Grad. Das Wetter in Potsdam: Dauerregen. Der Himmel ist trüb und grau. Es wird kalt.
Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) will im kommenden Jahr in seiner Funktion als Stadtoberhaupt nach Ostafrika reisen – zur Beziehungspflege und um die gemeinsame Klimapartnerschaft mit der Stadt Sansibar mit Leben zu erfüllen. Das sagte Jakobs am Donnerstag im Potsdamer Rathaus. Im blauen Salon hatte er eine fünfköpfige Delegation aus Sansibar empfangen, darunter den Direktor des ostafrikanischen Stadtrats von Sansibar-Town, Juma Mzee Khamis. Nach einem mehrstündigen Gespräch zu den Themen Klimawandel und Abfallbeseitigung auf kommunaler Ebene habe man ein Memorandum of Understanding unterzeichnet, eine Absichtserklärung unter künftigen Vertragspartnern.
Anknüpfungspunkte sind vorhanden: Wie in Potsdam trägt auch die Inselstadt im Indischen Ozean den Welterbetitel. „Was uns außerdem verbindet, ist der Klimawandel, der weltweite Auswirkungen hat“, erklärte Jakobs vor seinen Gästen. Eine Dolmetscherin übersetzte die staatsmännisch vorgetragenen Worte des Oberbürgermeisters in dem prunkvollen Salon ins Englische. Seine Gäste lauschten mit ernster Miene. Zwar habe Potsdam nicht mit Hochwasser und ausgedörrten Böden zu kämpfen, aber in Sachen Abfall könne man helfen. „Es ist auch in Deutschland noch nicht lange her, dass mit Müll unachtsam umgegangen wurde“, so Jakobs. Langfristig könnte sich aus dem Projekt Klimapartnerschaft auch eine offizielle Städtepartnerschaft zwischen Potsdam und Sansibar entwickeln. „Dem stehe ich aufgeschlossen gegenüber.“
Das war bis zu diesem verregneten November anders. Schon seit fünf Jahren wird in der Stadt um eine solche Städtepartnerschaft mit der Hauptstadt des gleichnamigen halbautonomen Teilstaates von Tansania gerungen. Das Potsdamer Rathaus hatte das Projekt bisher unter anderem mit der Begründung abgelehnt, dass es keine lebendigen Kontakte zwischen beiden Städten gebe. Außerdem hatte Potsdam zuletzt für seine sieben Partnerstädte einen Topf von gerade mal 25 000 Euro pro Jahr zur Verfügung – zuletzt wurde der auf 35 000 Euro erhöht.
Auch die Kontakte wurden inzwischen belebt, sagt Kilian Kindelberger von der Berlin-Brandenburgischen Auslandsgesellschaft. Schon seit fast 20 Jahren arbeitet er an der Projektpartnerschaft mit der 200 000 Einwohner zählenden Stadt. Eine Initiative wurde gegründet, Jugendaustauschprojekte wurden angeschoben und auch die Fußballerinnen der Zanzibar Soccer Queens – im Englischen schreibt sich die Stadt mit Z – wurden vor zwei Jahren zu einem Spiel bei Turbine Potsdam eingeladen. Momentan sammelten die Potsdamer Fußballerinnen ihre alten Fußballtöppen, um sie nach Ostafrika zu verschicken.
Auch die besten Filme des jährlichen Sanzibar-Filmfestivals werden seit einigen Jahren im Sommer in Potsdam gezeigt. Im kommenden Jahr will die Initiative das erste Mal auch einen Film in Afrika präsentieren: Eine Dokumentation des DDR-Fernsehens aus dem Jahr 1964, die Kindelberger im Archiv des RBB gefunden hat. Zu sehen sind dort unter anderem Aufnahmen der im Bau befindlichen Plattenbauten, die mithilfe der DDR einst in der Karume Road in Sansibar errichtet wurden. Kindelberger ist überzeugt: Potsdam braucht die Partnerstadt außerhalb Europas und den USA, schon allein, um eine andere Sichtweise auf die Dinge zu gewinnen.
6977 Kilometer und der Äquator trennen Potsdam von Sansibar. Etwa elf Stunden dauern Flüge von Berlin über Frankfurt mit Umstiegen in Addis Abeba und Mombasa. Sansibas Altstadt liegt nur knapp zwei Meter über dem Meeresspiegel. Auch deshalb spricht Stadtratsdirektor Juma Mzee Khamis bei der Klimapartnerschaft mit Potsdam von einer „wichtigen Mission zur richtigen Zeit“. So waren die Delegierten in dieser Woche schon in Warnemünde unterwegs, um sich zum Thema Hochwasserschutz zu informieren. Unter anderem könnten künftig auch die Potsdamer Geoforscher den Ostafrikanern bei der Bewältigung ihrer Probleme zur Seite stehen. Aber nicht nur die: Auch Experten der Potsdamer Stadtentsorgung könnten im nächsten Jahr nach Sansibar reisen.
Die Müllbeseitigung sei eine große Herausforderung für Sansibar, sagte Juma Mzee Khamis. Nur jeder zweite Haushalt bringe seinen Müll in die dafür vorgesehenen Sammelstellen. Oft würden die Kinder von den Eltern beauftragt, den Müll wegzubringen. Am Ende landet er an der Straße. Das soll sich ändern und von Potsdam will man lernen, so der 51-Jährige. Nur die Sache mit dem Wetter, die gefalle ihm hier nicht so: „Der November ist schon ein spezieller Monat“, sagt Juma Mzee Khamis. Dafür war der Besuch auf dem Weihnachtsmarkt besonders schön.
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