Landeshauptstadt: Ausweichquartier für Vampire
Transsylvanien liegt in Babelsberg – bis zur Premiere im „Theater des Westens“
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Die Düsternis greift Raum. Dunkelgraue und schwarze Gaze hängt von der hohen Decke. Eine Wendeltreppe aus geschwärztem Gestein windet sich in das verhangene Ungewisse. Gruselige steinerne Gestalten schneiden geräuschlos Fratzen. Eine Säge kreischt, ein Bohrer dröhnt, Menschen rufen durcheinander. Baustelle Transsylvanien in der Marlene-Dietrich-Halle.
An schwere Sarkophage gelehnt, sitzen Michael Düwel und Clemens Weissenburger. Der eine Geschäftsführer des Art Departements von Studio Babelsberg, der andere Technischer Supervisor der Stage Entertainment. Im Hintergrund entsteht das Bühnenbild für Roman Polanskis „Tanz der Vampire“. Ein toller Auftrag, wie Art Departement-Chef Düwel sagt. Eine glückliche Fügung wie Weissenburger meint. Damit im Theater des Westens weiterhin „Aida“ gegeben werden kann, parallel aber schon die Proben zur Dracula-Parodie anlaufen können, habe man eine Halle gesucht, in die das Theater des Westens hineinpasst, erzählt der ausgebildete Theater- und Veranstaltungstechniker. Den Raum fand das Technikerteam in der „Großen Stummen“ auf dem Medienstadt-Gelände. Und weil die alte Dekoration nach zehn Jahren „Grusical“ und Hunderten von Aufführungen in Wien, Stuttgart und Hamburg ausgespukt hatte, wurde gleich neu gebaut. 50 Handwerker hätten zwölf Wochen lang aus zwei Tonnen Gips und ebenso viel Ton und Kunststoff die schaurige Szenerie, die im Schloss des Grafen Krolock spielt, modelliert, zählt Düwel auf. Es habe große logistische Vorteile gehabt, die ganzen Gewerke in unmittelbarer Nachbarschaft zu haben, ergänzt Weissenburger.
Besondere Effekte brauchen ungewöhnliche Lösungen. Wie allerdings die tanzenden Vampire im Spiegelbild verschwinden, während Professor Abronsius und sein Assistent Alfred als einzige zu sehen sind, sagt Weissenburger nicht. „Ein einfacher Trick.“ Mehr wird nicht verraten. Auch nicht wie groß das Gesamtvolumen des „tollen Auftrags“ für die Studio Babelsberg-Tochter Art Departement ist. Nur so viel: „Von der Summe könnte man mehrere Einfamilienhäuser bauen“, so der technische Supervisor.
Immerhin müssen die Kulissen so stabil gebaut sein, dass sie einige Jahre Spielzeit überdauern und auch Transporte schadlos überstehen. Nagelprobe sei bereits am 18. und 19. November. Dann würden die tonnenschweren Teile auf Lastwagen verladen und zum Theater des Westens gebracht. Man brauche etwa 20 Lkw, schätzt Weissenburger. Anderthalb Tage Abbau blieben seinen rund 70 Technikern, drei dann für den Aufbau im Haus an der Berliner Kantstraße, wo das Musical am 10. Dezember Premiere hat. Schauspieler und Ballett üben bereits im Probensaal hinter dem Bahnhof Zoo. Ist die technische Probe für Transsylvanien in Babelsberg abgeschlossen, werden auch die Künstler hier proben – unter der Regie von Altmeister und Oscar-Preisträger Polanski.
Der sei ziemlich genau, sagt der technische Leiter. Und ist deshalb sehr gespannt darauf, was Polanski zur Dekoration sagen wird. Zum Beispiel zu der großen Wendeltreppe, die sich trotz stählernem Innenleben behende auf die Bühne schraubt oder zu den fliegenden Grabplatten: „nur“ 1,2 Tonnen schwer kann die Fläche in die Szene schweben und wieder verschwinden. Es gibt überhaupt allerlei Bewegliches: Brücken, die hoch und runter fahren, Säulen, die sich zurückziehen, ein Haus, das sich völlig verdreht. Und trotzdem werde der Regisseur nicht mit allem einverstanden sein, sagt Weissenburger, der bereits bei der Hamburger Inszenierung des Grusicals den Aufbau der Produktion leitete. Auf kleinere Änderungswünsche von Polanski sei man deshalb schon eingestellt. Am Ende soll dann alles glatt laufen. Dafür legten er und sein Team auch Nachtschichten ein – in Transsylvanien
Nicola Klusemann
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