Aus dem GERICHTSSAAL: Autokäufer absichtlich getäuscht?
Angeklagter reiste zum Prozess aus Bangkok an
Stand:
„Die Anklageschrift ist komplett erfunden“, entrüstet sich Peter P.* (44) zum Prozessauftakt. Der Langhaarige ist sauer, musste er zur Verhandlung eigens aus Bangkok anreisen. „Wissen Sie überhaupt, was das kostet?“, mault er. Schließlich verfüge er über keinerlei Einkommen, werde von seiner Ehefrau ernährt.
Peter P. – vorbestraft wegen zahlreicher Diebstähle, vorsätzlicher Körperverletzung, Beleidigung, Nötigung, Unterschlagung, Betruges, Urkundenfälschung, Trunkenheit im Verkehr sowie gewerbsmäßiger Bandenhehlerei – soll gewusst haben, dass der Tacho eines VW Golf, den er am 21. Juni 2004 weiter veräußerte, manipuliert wurde. Durch das Verschweigen der tatsächlichen Laufleistung soll er die Absicht gehegt haben, einen höheren Verkaufspreis zu erzielen. Laut Staatsanwaltschaft wies der Wagen 261 256 gefahrene Kilometern auf. Als er den Besitzer wechselte, zeigte der Tacho allerdings nur 160 000 Kilometer an.
Er habe das Auto „von einem Polen oder einem Russen“ erworben, es dann in einer kleinen Werkstatt in Potsdam-West aufarbeiten lassen, um es mit Gewinn weiterzuverkaufen, so Peter P. „Hätte ich gewusst, dass der Golf in Wahrheit so viele Kilometer auf dem Buckel hat, hätte ich ihn doch gar nicht angekauft“, versichert der wegen Betruges Angeklagte. „Von seiner äußeren Optik her entsprach der Pkw den auf dem Tacho angezeigten 160 000 Kilometern. Und vom Innenleben eines Autos habe ich keine Ahnung.“ Der spätere Käufer habe ihn eine Woche lang genervt und auch zwei Probefahrten gemacht, dann anstandslos den geforderten Kaufpreis in bar gezahlt. „Ich war bereit, den Wagen zurückzunehmen, sollte er irgend etwas an ihm auszusetzen haben“, beteuert der Angeklagte. „Dass am Tacho manipuliert wurde, wusste ich nicht.“
„Der Golf sollte 7500 Euro kosten. Er hatte aber einige kleinere Mängel, deshalb erhielt ich knapp 500 Euro Nachlass“, erzählt Manuel M.* (26) im Zeugenstand. Später hätten ihn Freunde auf eine eventuelle Manipulation im Serviceheft aufmerksam gemacht. „Sie sagten, fahr doch mal zu VW, die sollen in den Zentralcomputer schauen“, erinnert sich der Bundeswehrsoldat. Da sei herausgekommen, dass die Laufleistung des Wagens beträchtlich höher war. Manuel M. schaltete einen Anwalt ein. Peter P. wurde vom Zivilgericht verurteilt, den Kaufpreis nebst Zinsen zurückzuerstatten. Da er nicht zahlte, fährt Manuel M. den VW, nach dem er „ganz verrückt war“, immer noch.
Verteidiger Karsten Beckmann betont, seinem Mandanten sei nicht nachzuweisen, dass er über die tatsächliche Laufleistung des Golf im Bilde war. Das sehen Staatsanwaltschaft und Gericht ebenso. „Es fehlt am Tatbestandsmerkmal der vorsätzlichen Täuschung“, konstatiert Richter Francois Eckardt. Freispruch! (*Namen geändert.) Hoga
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: