WEIMERS Woche: Backe backe Kuchen
Wolfram Weimer schwärmt von der Konditorei-Kultur in Luzern
Stand:
In dieser Woche war ich in Luzern. Das ist die offizielle Partnerstadt von Potsdam am Vierwaldstätter See. Luzern ist genau so wie man sich die Bilderbuchschweiz vorstellt:
Richtige Berge, glitzernde Seen, knarrende Holzbrücken, urige Türmchen, fleißige Schweizer mit lustigem Dialekt, als hätten sie sich gerade an Ricola Bonbons verschluckt.
Luzern ist eine sehr schöne Stadt- ganz wie Potsdam. Auch ungefähr so groß. Und wie bei uns sieht man überall Touristen. Das Wasser dominiert, die historischen Bauten glänzen, weiße Flotten fahren, am Ufer haben sie ein spektakulär modernes Konzerthaus erbaut wie wir unser neues Sydneytheater, nur größer und mit Flachdach statt mit rotem Fächer. Ich höre drinnen Mahlers Symphonie. E-Moll. Gedämpftes Pathos. Hätte auch nach Potsdam gut gepasst. Partnerstadt eben.
Am nächsten Morgen aber fällt mir etwas auf, was wir leider so gar nicht haben: die feine Kultur guter Bäckereien. Gut, wir haben Bäcker Braune, und auf den lassen wir nichts kommen. Aber sonst? Seien wir ehrlich, die meisten holen sich ihre Brötchen vom Kettenbäcker, Kettenbäcker, Kettenbäcker. Oder – noch schlimmer – aus dem Supermarkt, oder – am schlimmsten – von der Tankstelle. Was es aber in Potsdam kaum gibt, das ist in Luzern die herrliche Regel: üppige Konditoreien und Confiserien, Backstuben mit 27 Sorten hausgebackenen Broten, jede Menge Sahnetorten, Bonbonnieren, Baguetterien, Chocolaterien, Pralinenmanufakturen. Während die Schweizer der Backkunst huldigen wie einem Kulturgut und der Bäcker offensichtlich noch ein stolzer Meisterberuf ist, lassen wir uns mit rasch ausgebackenem Industriebrot abspeisen. Nun frage ich mich, warum es Partnerstädte überhaupt gibt, wenn nicht auch dafür, einander was Gutes abzuschauen. Also gut: von Luzern lernen heißt backen lernen.
Wolfram Weimer
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