
© Andreas Klaer
Landeshauptstadt: Bad in der Menge
Trotz Algen gehen die Potsdamer baden. Wie gut die Seen sind, steht im Internet und vor Ort auf Tafeln
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Babelsberg - Leon geht es nur darum, seine Windel schnellstmöglich los zu werden. Der Zweijährige stampft schon in Richtung Wasser, da beschäftigt seine Mutter noch eine sehr wichtige Frage: Wo ist die richtige Stelle fürs Liegetuch? Nach einem Tag voller Arbeit und Terminen ist sie mit ihrer Nachbarin, deren elfjähriger Tochter Hjördi und ihrem Söhnchen Leon aus der Innenstadt zum Babelsberger Strandbad geradelt. „Da haben wir noch die Spätsonne“, sagt ihre Freundin und zeigt auf einen der wenigen freien Flecken. Die Sonne brennt noch, 27 Grad, der Himmel ist blau. Der Zeiger auf der Wasser-Temperatur-Tafel steht zwischen der 20 und der 25. Laut Gesundheitsamt misst das Wasser in den Potsdamer Seen 23, 24 Grad Celsius.
Ein Bad in Potsdams Badestellen ist bei heißem Wetter auch ein Bad in der Menge. Am Wochenende waren allein im Freibad im Park Babelsberg 1874 Badegäste. Auch jetzt ist es voll. Das Stückchen Wiese, das die Nachbarin auserkoren hat, scheint optimal. Zwischen den vielen nackten Oberkörpern hindurch sehen die beiden Frauen den Tiefen See. Aber der Schein trügt. Ameisen. Die Frauen ziehen ihre Decken ein Stück weiter. Jetzt versperrt ein Strandkorb den Blick aufs Wasser, dafür gibt es keine Krabbeltierchen.
Die Qualität des Sees können Leons Mutter und ihre Nachbarin während der Sommerzeit im Internet nachlesen. Unter www.brandenburg.de/badestellen wird sie angezeigt. Ein grüner Smiley steht für „keine mikrobiologischen Beanstandungen“. Ein roter mit Heulmund für „zeitweilige Sperrung“. Neben den beiden offiziellen Potsdamer Badestellen Strandbad Babelsberg und Waldbad Templin steht jeweils ein grüner. Das heißt, der See ist frei von Durchfall bringenden Bakterien wie Intestinale Enterokokken und Escherichia coli.
Die Daten liefert das Potsdamer Gesundheitsamt – nicht täglich, wie es auf der Internetseite heißt – aber alle vier Wochen. Dafür überprüft es auch die wilden Badestellen am Heiligen See, am Baggersee am Stern, am Sacrower See und am Groß Glienicker See. Eine Sachbearbeiterin schöpft eine sterilisierte Flasche voll Seewasser und bringt es in ein Labor zur Untersuchung. Das Ergebnis: Auch die wilden Badestellen entsprechen der Badegewässer-Verordnung. Zumindest, was die Bakterien angeht.
Anders ist es mit den Algen. Die wachsen – wie immer ab Ende Juli, Anfang August, sagen die Mitarbeiter im Gesundheitsamt. Im Mai hätte die Sicht unter Wasser noch 60 bis 80 Zentimeter weit gereicht, das werde jetzt weniger. Bad-Mitarbeiter würden sie täglich messen. Gefährlich sind ohnehin nur die Blaualgen. Sie können Toxine bilden, die bei empfindlichen Menschen allergische Reaktionen hervorrufen können: Übelkeit, Erbrechen oder Hautreizungen. Nehmen die Algen überhand, stellt das Gesundheitsamt Warnschilder an die Badestellen. Sicherheitshalber hat es auch eine Faustregel herausgegeben: Wer im knietiefen Wasser seine Füße nicht mehr sieht, sollte vorsichtig sein. Bei starkem Algenwachstum empfiehlt es sich, nach dem Baden zu duschen und die Badekleidung zu wechseln.
In Babelsberg, im Tiefen See, kann Leon seine Füße noch erkennen. Das Wasser schimmert nur etwas gelblich. „Ich wäre ja lieber an den Heiligen See gegangen“, sagt seine Mutter. „Da muss man nichts bezahlen.“ Aber ihre Nachbarin wollte nach Babelsberg. Schon mindestens 20 Mal habe sie mit ihrer Mutter dieses Jahr hier gebadet, sagt Hjördi. Mindestens so viele Sommersprossen hat das blonde Mädchen dabei bekommen. Für sie kostet der Eintritt 1,50 Euro, für ihre Mutter drei Euro. Dafür können sie aber auch bis 20 Uhr bleiben, die Spätsonne genießen. Juliane Wedemeyer
Juliane Wedemeyer
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