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Landeshauptstadt: Bald ohne Dach

Serie „Unser Klub“: Die jungen Leute im Jugendclub S13 fürchten um ihren regelmäßigen Treffpunkt

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Wenn früher Winterzeit wie jetzt war, hat Joana oft unter freiem Himmel gefroren. Mit anderen Jugendlichen saß sie vor zwei, drei Jahren regelmäßig am Platz der Einheit bei älteren Punks herum, trank Bier, hing ab. Viele ihrer Freunde von damals hat die 18-Jährige auch heute noch. Nur treffen sie sich nun im Jugendklub S13 in der Schloßstrasse und verbringen ihre Nachmittage ohne Alkohol. „Schon cool, dass es den Klub hier gibt“, sagt Joana. Sie und rund 40 Jugendliche kommen täglich in den Spartacus-Bau, in dem der Trägerverein Lindenpark e.V. für den S13 die obere Etage stellt. Bald hat das ein Ende: Zum 29. April muss der Jugendklub geräumt werden, weil der Lindenpark aus finanziellen Gründen den Spartacus verlässt und das Haus neue Mieter bekommen soll. Joana sagt: „Ich will noch gar nicht daran denken.“

Viele im S13 denken so. Und machen sich Sorgen. „Wir schwimmen“, sagt Anja Oestereich, die zusammen mit Cornelia Lunk den Jugendclub leitet. Momentan suchen sie mit dem Lindenpark und dem Potsdamer Jugendamt nach einem Ausweichplatz für das S13 in der Innenstadt – bis jetzt noch ohne Erfolg. Die Fraktion Die Linke hat für die nächste Sitzung des Stadtparlaments bereits einen Antrag eingebracht, dass die „gesamte Verwaltung“ bei der Suche helfen soll. Bis Ersatz gefunden ist, soll es eine Übergangslösung geben. Wo, ist noch unklar. „Wir werden irgendwo eine vorläufige Anlaufstelle für die Sozialarbeiter finden – und wenn wir ein Geschäft mieten“, verspricht Lindenpark-Chef Dirk Harder. Denn das S13 solle für seine junge Klientel zwischen 15 und 20 Jahren weiter da sein. „Wir werden sehen, wie das funktioniert“, sagt Anja Oesterreich. Am Wichtigsten bleibe jedoch eine neue dauerhafte Lösung, die keine allzu gravierenden Nachteile im Vergleich zum jetzigen S13 besitzen dürfe. „Sonst besteht die Gefahr, dass die Jugendlichen nicht nachkommen.“

Ohne S13? Das können sich die jungen Leute nicht vorstellen: Wir kommen weiter, so die einhellige Meinung. „Die Betreuer sind mir ans Herz gewachsen“, sagt Tommy, der mit seinen 20 Jahren fast jeden Tag ins S13 kommt. Wünsche an den neuen Klub haben sie trotzdem: Ähnlich zentral in Bahnhofsnähe soll er zum Beispiel liegen. Und lauter soll es auch einmal werden dürfen. „Vielleicht ist der Umzug ja sogar eine Chance“, hofft S13-Chefin Anja Oestereich.

So planen sie und die Jugendlichen schon Projekte für das laufende Jahr, obwohl die Raumfrage völlig offen ist. Ein Foto-Kalender für 2009 soll entstehen, für den sich die regelmäßigen S13-Besucher selbst ablichten wollen. Auch dieses Jahr gab es schon einen Kalender, allerdings mit gänzlich anderem Anspruch. Für das Jugendprogramm „Zeitensprünge“ der Stiftung Demokratische Jugend erstellten die jungen Leute einen Doku-Kalender über DDR-Kunstrelikte in Potsdams Straßen. Dabei fotografierten sie Skulpturen wie beispielsweise die „Familie Grün“ in der Lindenstraße und recherchierten deren Geschichte. „Ein tolles Weihnachtsgeschenk“, findet Joana. Inzwischen ist die erste Auflage mit rund 50 Exemplaren vergriffen, demnächst sollen weitere Exemplare gedruckt werden.

Doch ist das Projekt nur ein Ausschnitt aus dem Klub-Leben: Im Alltag spielen die jungen Leute vor allem Kicker und Tischtennis, quatschen. Jeden Mittwoch wird gemeinsam gekocht. Alkohol gibt es nur zu besonderen Feiern oder bei den Spiele-Abenden am Dienstagabend. Viele gehören schon seit zwei Jahren und länger zu den Stammgästen. „Ich habe sehr viele Erinnerungen an die Zeit hier, gute wie schlechte“, sagt Joana. Wehmut schwing in ihren Worten mit. H. Kramer

H. Kramer

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