Landeshauptstadt: „Barrierefreie Angebote sind Mangelware“
450 Gäste beim Straßenfest zum Protesttag für die Rechte Behinderter / Mehr Geld für Straßensanierung
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Innenstadt - Die Zahl der barrierefreien Gaststätten in Potsdam könne sie an einer Hand abzählen, zudem gebe es stadtweit nur zwei öffentliche Toiletten, die barrierefrei sind: „Bei der Kultur- und Freizeitgestaltung sind barrierefreie Angebote Mangelware“, kritisierte Selda Gültekin, die Vorsitzende des Potsdamer Behindertenverbandes e.V., am Rande des Straßenfestes für Menschen mit und ohne Behinderung. Und auch Jan-Peter Schmarje, der Vorsitzende des Behindertenbeirats der Landeshauptstadt, kennt genug Beispiele, bei denen Barrierefreiheit noch ein Wunschtraum ist: Das fange beim Stadthaus an, wo der Tram-Ausstieg für Rollstuhlfahrer ohne Hilfe nicht machbar ist – und Stufen im Rathaus selbst für Sehbehinderte nicht entsprechend gekennzeichnet sind. Oder bei den abgesenkten Bürgersteigen in der Innenstadt, die dann doch wieder zugeparkt sind, wie Schmarje kritisiert.
„Potsdam für Alle – Jede Barriere ist eine zu viel“: Unter diesem Motto hatten das Haus der Begegnung sowie Verbände, Vereine und Selbsthilfegruppen gestern gemeinsam zum bereits traditionellen Straßenfest vor dem Brandenburger Tor eingeladen – zum zehnten Mal gab es die Veranstaltung anlässlich des Europäischen Protesttages für die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Laut den Organisatoren kamen bis zum Abend rund 450 Gäste zu dem Fest mit Infoständen, Musik und Bühnenprogramm.
Der Weg zu einer behindertengerechten Stadt werde Schritt für Schritt gemacht, betonte die Sozialbeigeordnete Elona Müller-Preinesberger (parteilos). Sie verwies auf den gerade verabschiedeten Stadthaushalt: Darin seien die Mittel für die barrierefreie Straßensanierung immerhin von vorher 80 000 Euro auf nun 120 000 Euro erhöht worden. Aber Barrierefreiheit fange auch in den Köpfen an: Menschen mit Behinderung gehörten „mitten in die Gesellschaft“. Dass das noch nicht Realität ist, weiß Jan-Peter Schmarje vom Behindertenbeirat: „Die wenigsten haben die Vorstellung, dass sie ab morgen auch dazugehören könnten.“ In Potsdam lebten nach Stadtangaben zum Stichtag 31. Dezember 2011 20 187 Menschen mit Behinderung, davon 14 345 Schwerbehinderte. jaha
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