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Interview: „Barrierefreiheit heißt nicht, dass alles ebenerdig ist“

Herr Schenke, was verstehen Verkehrsplaner unter Barrierefreiheit?Barrierefreiheit bezieht sich auf den Fußgänger.

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Herr Schenke, was verstehen Verkehrsplaner unter Barrierefreiheit?

Barrierefreiheit bezieht sich auf den Fußgänger. Eine Bauvorschrift ist, dass keine Bordauftritte eine Höhe von drei Zentimetern überschreiten dürfen. Es ist nicht alles ebenerdig, wie sich das viele vorstellen. Es braucht eine Kante zwischen Fußweg und Fahrbahn. Drei Zentimeter Kante kann man gut mit Rollator oder auch Kinderwagen und Rollstuhl bewältigen. Und ganz wichtig: Der Fahrzeugverkehr muss nachrangig sein. Den Vorrang haben Fußgänger und Mobilitätseingeschränkte.

Welche baulichen Schwierigkeiten gab es in dem Prozess der Umgestaltung?

Wenn Sie durch Drewitz fahren, sieht man noch die steilen Zugangstreppen an den Plattenbauten, um in das Hochparterre zu gelangen. Das ist bei Frost und Schnee gefährlich. Im Zuge der Sanierung wurden diese Außentreppen abgeschafft. Das war Aufgabe der Wohnungswirtschaft. Wenn man aber Wohnungen umbaut, dann muss man das auch mit dem öffentlichen Raum tun, das muss alles miteinander funktionieren. So eine Hauptverkehrsstraße, wie die Konrad-Wolf-Allee sie war, ist das Schlimmste an Barrieren, was man sich vorstellen kann.

Sie haben die Konrad-Wolf-Allee zu einem Park umgestaltet. Wie haben Sie den städtischen Raum noch verändert, dass er für alle zugänglich ist?

Eine wichtige Maßnahme war die Anbindung an das Stern-Center. Beim Bau des Stern-Centers Ende der 90er-Jahre hat man im Wohngebiet nichts angepasst. Es war nicht gut zu erreichen, die Gehwege waren schmal, das Gelände unwegsam. Das Einkaufszentrum war an die Nutheschnellstraße, aber nicht an Drewitz angebunden. Inzwischen aber ist das Stern-Center zum Mittelpunkt der Drewitzer geworden.

Was wird als Nächstes umgebaut?

Im kommenden Jahr beginnen wir mit dem zweiten Bauabschnitt des Grünen Kreuzes Richtung Parforceheide. Das Ergebnis aus dem Werkstattverfahren unter der Beteiligung der Bürger ist da, aber bislang hatten wir nicht genügend Geld für die Umsetzung.

Wie sieht es derzeit dort aus mit der Barrierefreiheit?

Jetzt kommt man sehr schlecht durch die Hinterhöfe, vorbei an parkenden Autos. Mit dem Umbau soll die Parforceheide fußläufig zu erreichen sein. Es soll in der Zukunft an dem Achsenkreuz auch ein Café am Spielplatz hinzukommen. Dann bekommt der Stadtteil ein echtes Zentrum.

Die Fragen stellte Grit Weirauch

Thomas Schenke, Jahrgang 1968, ist Diplomingenieur für Wasserwirtschaft und in der Stadt Bereichsleiter für Verwaltung und Finanzmanagement.

Die Barrierefreiheit im erweiterten Lebensraum – Straße, Quartier und Stadt insgesamt – rückt erst seit einigen Jahren verstärkt in den Fokus von Städteplanern. 2005 ist Potsdam der „Erklärung von Barcelona“ beigetreten. Zehn Jahre zuvor hatten sich in der spanischen Stadt Kommunalvertreter aus verschiedenen europäischen Regionen dazu bekannt, Menschen mit Behinderungen stärker am Leben in der Kommune teilhaben zu lassen. (giw)

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