Landeshauptstadt: Bauboom in Potsdam lässt nach
Weniger Genehmigungen im ersten Halbjahr
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Baukräne sind in Potsdam ein vertrauter Anblick. Manchmal scheint es, als ob überall neue Häuser aus dem Boden wachsen. Doch der Bauboom könnte sich seinem Ende zuneigen. Das lässt zumindest die Zahl der Baugenehmigungen vermuten, die die Stadtverwaltung im ersten Halbjahr 2015 erteilt hat. 281 waren es, wie die Stadtverwaltung auf PNN-Anfrage mitteilte. Im ersten Halbjahr 2014 waren es noch 334. Das bedeutet einen Rückgang um gut 15 Prozent – und das trotz anhaltender Wohnungsnot.
Damit entwickelt sich Potsdam gegen den Bundestrend: Denn deutschlandweit wurden von Januar bis Ende Juni 2015 nach Angaben des Statistischen Bundesamtes insgesamt fast 140 400 Neubauten beziehungsweise Umbaumaßnahmen genehmigt. Das waren 2,6 Prozent oder knapp 3600 Wohnungen mehr als im ersten Halbjahr des Vorjahres. Die Entwicklung ist nicht ganz neu: Seit 2010 steigt in Deutschland die Zahl der genehmigten Bauten. Angeschoben wird die Baukonjunktur durch das extrem niedrige Zinsniveau: Die Europäische Zentralbank (EZB) hat die Zinsen im Euroraum quasi abgeschafft, der Leitzins liegt bei 0,05 Prozent. Darum sind Baukredite derzeit sehr günstig – auch wenn die Zinsen für Hypotheken zuletzt wieder leicht angezogen haben. Im vergangenen Jahr gab es einen regelrechten Bauboom in Deutschland: Insgesamt wurden nach Zahlen des Bundesamtes 245 300 Wohnungen fertiggestellt und damit 30 500 mehr 2013. Investiert wird ins Bauen und Renovieren auch deshalb kräftig, weil es fürs Sparen kaum noch Zinsen gibt. Daher stecken viele Menschen lieber Geld in „Beton-Gold“.
In Potsdam ist die Zahl der Baugenehmigungen trotzdem gesunken, und das schlägt sich verzögert auch auf das Angebot an Neubauwohnungen nieder. Die Baugenehmigungen aus dem ersten Halbjahr ermöglichen den Bau von 562 Wohnungen. Im vergangenen Jahr waren es mit 956 fast doppelt so viele. Die dringend benötigten Wohnungen kommen nun nach und nach auf den Markt.
In den Vorjahren hatte die Zahl der fertiggestellten Wohnungen nach Angaben des Rathauses in jedem Jahr zugenommen. „Im Jahr 2014 sind 1926 neue Wohnungen auf den Markt gekommen“, so Stadtsprecher Jan Brunzlow. „Im Jahr 2013 waren 961 Wohnungen neu, im Jahr 2012 genau 640.“ Das heißt aber nicht, dass das Wohnungsangebot in diesem Umfang wächst, denn gleichzeitig werden auch Wohnungen vom Markt genommen. Im vergangenen Jahr waren das 843, die – zumindest vorübergehend – verschwanden. Es blieb ein Saldo von 1083.
Der Wohnungsmarkt in Potsdam ist bekanntlich seit mehreren Jahren extrem angespannt. Wegen des anhaltend starken Zuzugs – allein in den vergangenen drei Jahren wuchs die Stadt um 8000 auf 165 000 Einwohner – benötigt Potsdam pro Jahr mindestens 1000 zusätzliche Wohnungen. Besonders im Bornstedter Feld wird derzeit kräftig gebaut. Hunderte neuer Wohnungen entstehen in Mehrfamilienhäusern.
Möglicherweise bedeutet das maue erste Halbjahr hinsichtlich der Baugenehmigungen aber nur einen vorübergehenden Zustand: Dem zuständigen brandenburgischen Infrastrukturministerium liegen derzeit Förderanträge für 580 Sozialwohnungen in Potsdam vor. Werden Anträge bewilligt, steigt auch wieder die Zahl der Neubauwohnungen – allerdings erst mit Verzögerung. So werden zum Beispiel die ersten Sozialwohnungen aus dem 2014 aufgelegten Förderprogramm des Landes wohl von der kommunalen Bauholding Pro Potsdam gebaut – der Baustart ist aber erst für 2017 vorgesehen. mar
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