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Landeshauptstadt: „Bauen, bauen, bauen“

Die Diskussion im Stadtforum über die Wohnungssituation in Potsdam verdeutlichte die Komplexität des Themas, zeigte aber auch Lösungen auf

Stand:

Nur wenige verirrten sich am Donnerstagabend in den Treffpunkt Freizeit, um sich bei einer Podiumsdiskussion des Stadtforums über die Wohnungssituation zu informieren. Von den 2500 Demonstranten, die jüngst für einen Stopp des Mietenanstiegs in Potsdam eintraten, war nichts zu merken. Gleichwohl legten sich die Diskutanten keine Zurückhaltung auf und diskutierten das Thema Wohnen in Potsdam kontrovers. Der Baubeigeordnete Matthias Klipp (Bündnisgrüne) stellte fest, dass Potsdam aufgrund seines Bevölkerungszuwachses mittlerweile „einen Vermietermarkt“ habe, die Vermieter seien es, die die Mietpreise aufgrund der hohen Wohnnachfrage definieren könnten. „Viele Mieter haben Angst“, sagte Klipp.

Klipps Mitarbeiter Erik Wolfram lieferte die Zahlen: So prognostiziere die Landesregierung, dass Potsdam im Jahr 2020 etwa 176 000 Einwohner haben werde und 2030 bereits 187 000. Derzeit sind es 157 000. Wolfram räumte mit dem Vorurteil auf, Potsdam werde zur Seniorenstadt: Von den 1800 neuen Potsdamern im Jahr seien 1000 Jugendliche im Alter zwischen 16 und 26 Jahren. „Das sind keine Reichen“, erklärte Wolfram. Die momentan ausgewiesenen Wohnbaupotenziale in der Stadt in Fahrland, Krampnitz, dem Bornstedter Feld, in Eiche und Golm, der Speicherstadt, an der Heinrich-Mann-Allee und auf dem Brauhausberg ermöglichten den Bau von 14 600 Wohnungen. Hinzu kämen noch 2000 Wohnungen bei der Nutzung aller noch möglichen Innenstadtflächen, getreu dem von Klipp vertretenen Motto „Innenverdichtung vor Außenerweiterung“. Weitere Potenziale seien durch die Stadtverwaltung gesperrt, die etwa 2008 entschied, den Garagenhof im Schäferfeld bis mindestens 2018 als Garagenstandort zu erhalten.

Auch Klipp nannte Areale, die der möglichen Wohnbebauung durch die Politik entzogen würden. Ein Beispiel dafür sei etwa der Brauhausberg, bei dem die Linke nach der Badentscheidung sage, „auf die 200 Wohnungen kommt es auch nicht an“. An der Heinrich-Mann-Allee seien ferner 300 Wohnungen betroffen, weil es Leute gebe, die sagen „Innenstadt-Tennis“ sei wichtiger als Wohnungsbau. Klipp: „Wir müssen von einem Klima der Akzeptanz zu einem Klima der Unterstützung kommen.“ Es gebe noch zu viele „Nimbys“ in der Stadt: Leute, die nach dem Sankt-Florians-Prinzip sagten: „Not in my back yard“ (deutsch: Nicht in meinem Garten/Hinterhof).

„Schrebergärten in Innenstadtlagen muss es nicht geben“, positionierte sich dazu Erich Jesse, mit eigenen Worten „Mitarbeiter von Pro Potsdam, Erscheinungsform Polo GmbH“. Unter den 81 deutschen Großstädten gebe es mit München nur eine Stadt, die noch schneller wachse als Potsdam. In Brandenburgs Landeshauptstadt sei „der Leerstand mittlerweile vollgelaufen“; von jetzt an werde der Druck auf den Wohnungsmarkt ständig steigen. Jesse: Es gebe „nur eine realistische Perspektive, und die heißt bauen, bauen, bauen!“

Allerdings bekannte daraufhin Winfried Hammann, Vorstand der Bürgerstadt AG, die in Potsdam unter anderem die Brauerstraße 1 am Alten Markt und eines der „Acht-Ecken-Häuser“ baut: „Da kriege ich Gänsehaut.“ Der Grund: „Das serielle Bauen ist vorbei. Die Bedürfnisse werden individueller.“ Hammann: Kaum ein Wohnungsgrundriss gleiche heute mehr dem anderen.

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