Landeshauptstadt: Baugrenzen
Finanzminister Rainer Speer über die Bedingungen für den Landtagsneubau
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Der Landtag hatte sich im Mai 2005 dafür entschieden, auf dem Potsdamer Alten Markt einen Neubau in den äußeren Um- und Aufrissen des ursprünglichen historischen Gebäudes zu errichten. Mit diesem Beschluss fand die jahrelange Diskussion um die dauerhafte Unterbringung des Parlaments ihren Abschluss. Der Entscheidungsbedarf lag auf der Hand: Der marode Zustand des „Kreml“ auf dem Brauhausberg ist allgemein bekannt. Oberbürgermeister Jann Jakobs begrüßte den Landtagsbeschluss damals als „historische Entscheidung für Potsdam“. Denn mit dem Beschluss rückte auch ein langjähriges Anliegen der Landeshauptstadt in greifbare Nähe, für das sich mangels Investoren zuvor nie eine ernsthafte Perspektive abgezeichnet hatte: die „Wiedergewinnung der historischen Mitte der Stadt“, für die sich die Stadtverordneten mehrfach ausgesprochen hatten. So ergab sich die günstige Situation, dass sich die Interessen von Land und Stadt gleich mehrfach trafen. Ende 2010 soll der neue Landtag fertig gestellt sein.
Um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen, verpflichteten sich Stadt und Land vertraglich zu vertrauensvoller Zusammenarbeit. Potsdam werde alles tun, um das gemeinsame Ziel zu erreichen und alles unterlassen, was dieses gefährden könnte, lautet kurz gefasst der Inhalt dieser Abmachung. In der kommenden Woche befasst sich die Stadtverordnetenversammlung mit dem Bebauungsplan für den Alten Markt, der die Realisierung des Landtagsneubaus ermöglichen soll. Der jetzt vorliegende Entwurf ist ein mühsam ausgehandelter Kompromiss, bei dem alle Seiten aufeinander zugegangen sind. Manchen gehen die Vorgaben des Planentwurfs nicht weit genug. Um es deshalb klar zu sagen: Es gibt Grenzen des Machbaren.
Es geht in Potsdam nicht um den „Wiederaufbau des historischen Stadtschlosses“. Es geht um den Neubau eines funktionsfähigen Landtagsgebäudes, der sich möglichst eng an der historischen Situation orientiert, dabei aber zugleich alle Anforderungen an einen modernen Parlamentsbetrieb erfüllen muss. Die Machbarkeitsstudie, die das Finanzministerium dazu in Auftrag gegeben hatte, kam zu dem Ergebnis: Dieses Ziel ist am Alten Markt erreichbar. Mehr noch: Im vorgegebenen Kostenrahmen können sogar die historischen Kopfbauten rekonstruiert werden. Auch auf die bei manchen umstrittene Bebauung des Innenhofes kann dann verzichtet werden, wenn der Plenarbereich in den Südteil des Baues – also zur Langen Brücke hin – integriert wird. Das war ein überraschendes Ergebnis der Studie, die dafür viel Zustimmung erfahren hat. Dies bedeutet aber auch, dass in diesem Fall der äußere Umriss des Baus nicht an allen Stellen exakt dem Grundriss des alten Stadtschlosses entsprechen kann. Das Präsidium des Landtages hat die Ergebnisse der Studie begrüßt. Sie sollten dem weiteren Verfahren zu Grunde gelegt werden.
Manche wünschen sich den möglichst originalgetreuen Wiederaufbau des Knobelsdorffschen Stadtschlosses. Sie fordern entsprechend dem historischen Grundriss verbindliche Baulinien auch an Stellen, die die Funktionsfähigkeit des geplanten Neubaus im Kern in Frage stellen würden. Im Grunde würde dem Land damit auch bereits weitgehend ein verbindlicher Architekturentwurf vorgegeben. Dafür aber ist ein Bebauungsplan nicht da. Über die Grenzen des Machbaren soll sich niemand täuschen: Kommt es zu weiteren Einschränkungen des Bebauungsplans, die die Funktionalität des geplanten Neubaus gefährden, werde ich dem Landtag empfehlen, die Reißleine zu ziehen und das Vorhaben an dieser Stelle abzubrechen.
Für das neue Parlamentsgebäude nimmt Brandenburg viel Geld in die Hand. Die Gesamtbaukosten werden auf 83,5 Mio. Euro geschätzt. Erhebliche Mittel wurden bereits in die Vorbereitung des Projekts investiert. Dieses Geld wird von allen Bürgern zwischen Wittenberge und Forst aufgebracht. Für einen architektonisch ansprechenden und zugleich funktionalen neuen Landtag ist dies gerechtfertigt, denn er wird gebraucht. Niemand hindert Potsdam daran, das Stadtschloss auf dem Alten Markt als Kopie wieder aufzubauen. Dafür gibt es aber keinen Anspruch auf Unterstützung durch das Land. Entfallen im Planungsverfahren die Voraussetzungen für die Realisierung des Landtags auf dem Alten Markt durch überzogene Forderungen und mangelnde Kompromissbereitschaft, dann muss neu angesetzt werden. Man kann vom Land nicht erwarten, einen Bau zu errichten, der durch übermäßige Einschränkungen für den vorgesehenen Zweck am Ende nicht geeignet ist. Potsdam steht damit auch vor der Herausforderung, seiner Verantwortung als Hauptstadt des ganzen Landes gerecht zu werden.
Der Autor Rainer Speer ist SPD-Finanzminister des Landes Brandenburg
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