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Landeshauptstadt: Baulücken

Wohnungsunternehmen können Bedarf nicht decken – Wohnraummangel droht

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Der Landeshauptstadt droht ein Wohnraummangel: Rein rechnerisch müssten ab sofort etwa 1000 neue Wohnungen jährlich fertiggestellt werden, um den prognostizierten Bedarf zu decken – doch die sechs größten Potsdamer Wohnungsunternehmen können eigenen Angaben zufolge gerade mal jede Neunte davon bauen. Zu teuer seien die Bau- und Grundstückspreise, zu hoch die Lasten aus den vergangenen Jahren, als hunderte Millionen Euro in die Sanierung der Plattenbaugebiete geflossen sind. Ulf Hahn als Sprecher des Unternehmensverbundes Stadtspuren erklärte daher gestern, „die Genossenschaften sind keine Erfüllungsgehilfen der Kommune“. Nur Pro Potsdam könne dazu verpflichtet werden, neue Wohnungen zu bauen – neu errichtet hat das kommunale Unternehmen im Jahr 2007 genau fünf Wohnungen.

Die Bevölkerungsprognosen für Potsdam sehen mehr als 10 000 neue Einwohner bis 2020 vor. Als Konsequenz soll eines der größten Neubauprogramme realisiert werden. Eine Milliardensumme wird investiert, von Land und Stadt sind allerdings keine Zuschüsse zu erwarten. Während in Brandenburger Randregionen blöckeweise Wohnungen leer stehen und mit öffentlichen Geldern abgerissen werden, kämpft Potsdam mit seiner perspektivisch zu geringen Wohnungsanzahl um staatliche Förderung. Die sechs Unternehmen der Stadtspuren haben mehr als die Hälfte der Potsdamer Wohnungen in ihrem Bestand. Der Leerstand liegt bei weniger als zwei Prozent.

Carsten Hagenau vom Unternehmensverbund Stadtspuren sieht die Lage für die Unternehmen als komfortabel an. Deren Interesse ist es, die bestehenden Wohnungen komplett vermietet zu haben. Daher hieß es gestern von Ulf Hahn: „Wir werden nicht blind wie Lemminge hinterherlaufen.“ Alles was jetzt errichtet werde, muss auch in hundert Jahren noch bewirtschaftet werden. Wenn die Stadt neue Wohnungen brauche, müsse sie dafür die Rahmenbedingungen schaffen. „Fantasievolle Hilfen“ fordert Hagenau daher. Die Stadt könne wie in der Vergangenheit mit Waldgrundstücken helfen, die dann zu Bauland werden. Oder mit der Bereitstellung von Erbbaupachtverträgen helfen.

Ohne Zuschüsse seien die Mieten für Neubauten nicht unter sieben Euro Kaltmiete je Quadratmeter zu erreichen, sagte Christiane Kleemann von der städtischen Gewoba Wohnverwaltungsgesellschaft. Nach fünf Wohnungen im Vorjahr sollen es zumindest in den nächsten Jahren jeweils 100 Wohnungen sein, die Pro Potsdam neu baut. Vor allem im Bornstedter Feld sowie innenstadtnah auf dem ehemaligen Tram-Depot und als Lückenfüller in Babelsberg. „Wir haben jede Menge Planungen, die auf eine Umsetzung harren“, sagte Klemann. Doch in den Amtsstuben würde nicht jedes Vorhaben unterstützt. Ein Plan in der Stadtheide in Potsdam- West neue Wohnungen zu bauen und die Struktur des Viertels zu verdichten, sei in der Verwaltung nicht gewollt, sagte Klemann. Und zuletzt haben die Stadtverordneten entschieden, ein zur Bebauung geplantes Garagenareal lieber weiter als Garagenstandort für 750 Potsdamer zu nutzen als es mit Wohnungen zu bebauen.

Im vergangenen Jahr haben die Potsdamer Wohnungsunternehmen – ohne das Unternehmen Semmelhaack – 45 Millionen Euro investiert, in diesem Jahr sollen es mehr als 72 Million Euro sein. Knapp 1000 Wohnungen werden saniert, 110 neu gebaut. Dabei fließt erstmalig mehr Geld in den Norden der Stadt als in den Süden mit den Plattenbaugebieten.

Im Kampf um die steigenden Nebenkosten will der Unternehmensverbund die Stadtwerke unter Druck setzen. Als Pool wollen sie Verhandlungen zu Wasserkosten, Fernwärme und Gaspreisen aufnehmen und Sonderkonditionen aushandeln. Diese würden komplett an die Mieter weitergereicht, sagte Ulf Hahn. Als Tipp an die Politik hatte Hahn als Vorstand der Genossenschaft Karl Marx noch: „Die Lokalpolitik soll nicht den Träumereien einzelner Monopolisten in der Versorgungsbranche erliegen“. Die Strompreise des mehrheitlich städtischen Unternehmens EWP beispielsweise seit Januar 2007 vier Mal erhöht worden – im Aufsichtsrat sitzen vor allem Stadtverordnete.

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