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So hohl und morsch wie diese sind noch 20 weitere Linden in der Golmer Geiselbergstraße. Die Stadt will nach und nach die gesamte Allee erneuern.

© Manfred Thomas

Landeshauptstadt: Bäume als Konkurrenz für Straßenbau 112 Fällungen im Stadtgebiet

Golmer Geiselbergstraße besonders betroffen

Von Peer Straube

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Bauarbeiten sind der größte Killer für Potsdams Straßenbäume. Es gebe „sehr oft das Phänomen“, dass noch Jahre nach Baumaßnahmen Bäume absterben und gefällt werden müssen, weil die Wurzeln etwa von Pilzen befallen wurden, sagte Grünflächen-Chef Herbert Claes gestern auf PNN-Anfrage. Aktuell wird ab dem morgigen Mittwoch bei 84 Straßen- und 28 Grünflächenbäumen die Kettensäge angesetzt. Den größten Kahlschlag hat dabei die Geiselbergstraße in Golm zu verkraften, wo gleich 21 Linden gefällt werden müssen. Wie bei fast allen anderen zur Fällung vorgesehenen Bäumen sind die Stämme hohl, morsch oder faulig und stellen laut Verwaltung eine Gefahr für die Verkehrssicherheit dar. Größere Bestandsausdünnungen gibt es unter anderem in der Zeppelinstraße, der Straße Am Neuen Palais, im Werderschen Damm und im Schlosspark Marquardt.

„Wir machen uns die Entscheidung nicht leicht“, betonte Claes. Bei „ortsbildprägenden“ Bäumen etwa würden nach der Untersuchung durch die städtischen Naturschützer immer noch externe Gutachter hinzugezogen, bevor die Entscheidung zur Fällung getroffen werde.

Einen generellen Grund zur Sorge sieht Claes für Potsdams 87 500 Bäume nicht. Die aktuellen Fällungen machten nur 0,13 Prozent des Bestandes aus, sagte er. Zudem sei man mit den Nachpflanzungen „ziemlich gut im Rennen“. Das Budget dafür sei – die Mittel, die Bauunternehmer für Ausgleichsmaßnahmen zahlen müssen, hinzugerechnet – durchaus „auskömmlich“, so Claes. Auch, was die Baumschädigungen durch Baumaßnahmen angeht, befinde man sich auf dem aufsteigenden Ast. Der Bauboom der Nachwendezeit, in denen „sehr viel Schäden“ angerichtet wurden, sei inzwischen vorbei, auch das Umweltbewusstsein sei inzwischen geschärft worden. Aufmerksame Anwohner zeigten Verfehlungen von Baufirmen beim Schutz der Bäume oft an. Zudem trage die von den Stadtverordneten im Mai beschlossene halbe zusätzliche Stelle eines „Baumcontrollers“ erste Früchte. Dieser prüfe Baustellen auf sachgemäßen Umgang mit dem vorhandenen Baumbestand. In einem Fall habe man bei der Energie und Wasser Potsdam GmbH (EWP) eine Nachpflanzung erreichen können, sagte Claes. Die EWP lege sonst bei Nachpflanzungen im Zuge von Leitungsverlegungen „gerne ein Veto ein“, da bei späteren Erdarbeiten Baumwurzeln die Maßnahmen erschwerten. Bäume, so Claes, stünden in einer generellen Konkurrenz zu Pflaster, Asphalt und Leitungen. Aus diesem Grund seien die Pflanzlöcher oft zu klein, so dass eine gesunde Ausbildung des Wurzelwerks bei Neupflanzungen von vornherein schwierig sei. Bei Stadtbäumen gehe man daher heute von einer durchschnittlichen Baumlebenserwartung von 80 bis 100 Jahren aus.

Die insgesamt 112 Bäume, die in den nächsten Tagen gefällt werden, will die Stadt nach und nach ersetzen. In der Geiselbergstraße jedoch wird die Säge wohl nicht zum letzten Mal angesetzt werden. Der gesamte Altbaumbestand sei „stark abgängig“, die Allee soll daher komplett neu bepflanzt werden. Peer Straube

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