Landeshauptstadt: Baumgart-Villa leidet unter Leerstand
Gewoba plant Reparatur- und Konservierungsarbeiten, um die Verkaufschancen zu verbessern
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Gewoba plant Reparatur- und Konservierungsarbeiten, um die Verkaufschancen zu verbessern Von Erhart Hohenstein Mit dem Haus in der Friedrich-EbertStraße 67, das bis Mitte der 90er Jahre durch das Deutsche Rote Kreuz (DRK) genutzt wurde, ist eine prachtvolle, durch Bauformen des Neobarock und des Jugendstils gekennzeichnete Villa vom Leerstand betroffen. Sie war durch den Architekten C. Partik im Jahr 1902 für Marie Baumgart, eine Unternehmerfrau, errichtet worden. Gebäude und Grundstück sind städtisches Eigentum und wurden in den Besitz der Gewoba gegeben. Sie versucht, die Villa über ihre Tochtergesellschaft Polo zu vermarkten und hat Planungen für Reparatur- und Konservierungsarbeiten eingeleitet, die diese Vermarktung erleichtern sollen. Durch die frühere Nutzung seitens des DRK befindet sich das Gebäude noch in einem relativ guten Zustand. Vordringlich ist die Schließung kleinerer undichter Dachflächen, um größeren Schäden vorzubeugen. Eine Durchfeuchtung würde die wertvollen Stukkaturen in den Innenräumen gefährden. Von besonderer Bedeutung ist der mit Marmor und anderen edlem Naturstein verkleidete und mit Malereien geschmückte Eingangsbereich an der Friedrich-Ebert-Straße. Außerdem sollen im Rahmen der Arbeiten später eingezogene Zwischenwände entfernt werden, um die ursprüngliche Raumstruktur wieder herzustellen. Johanna Neuperdt vom Bereich Stadtdenkmalpflege erklärt, dass die Arbeiten schnell begonnen werden müssen. Schon in Jahresfrist könnten die Schäden so weit fortgeschritten sein, dass wertvolle Teile der Innenausstattung verloren gehen. Dazu gehören auch unersetzliche Bleiverglasungen im Jugendstil. Die Denkmalpflegerin geht davon aus, dass sich die Villa mit ihren weiten Fluren, wertvollen Fußböden, den in Ost-WestRichtung verlaufenden großzügigen Raumfluchten und der reichen Innendekoration hervorragend als Repräsentanz eines Unternehmens oder einer Vereinigung eignen würde. Dazu könnte auch der zur Hofseite anschließende Garten beitragen. Etwas abgesenkt und durch eine Mauer abgegrenzt, sind hier die Geräusche des Straßenverkehrs kaum zu vernehmen. Der Garten weist auf die Vergangenheit des Grundstücks hin. Im 18. Jahrhundert hatten wohlhabende Potsdamer Bürger nördlich des Nauener Tores Gartenhäuser errichten lassen. Für das Grundstück FriedrichEbert-Straße 67 – vormals Spandauer Straße 20 – war dies vor 1765 der Stadtmusikus Tannenberg. Diese eingeschossigen roten Backsteinbauten ähnelten in ihrer Bauweise den Häusern des Holländischen Viertels. Unter den Nachfolgern des Stadtmusikus als Grundstückeigentümer findet man auch Namen aus den Adelsgeschlechtern von Winterfeldt und von Danckelmann, die unter den Hohenzollern vom Feldmarschall bis zum Minister höchste Ämter bekleidet hatten. Das Grundstück ist aber auch für die politische Geschichte von Bedeutung. Schließlich wohnte hier Mitte des 19. Jahrhunderts Franz Hermann Schulze-Delitzsch (1808 – 1883), der als einer der Führer der Fortschrittspartei ein Gegner Bismarcks war und die Genossenschaftsbewegung in Deutschland mitbegründete. Bei einer Veräußerung sind weitere bau- und kunsthistorische Erkenntnisse über die Villa zu erwarten. Der neue Eigentümer gibt dann in der Regel ein Gutachten in Auftrag, um den Denkmalwert des Gebäudes nachzuweisen und damit bei der Sanierung in den Genuss von Fördermitteln zu kommen. So verfuhren nach PNN-Informationen auch Springer-Vorstandschef Matthias Döpfner nach Kauf der Turmvilla in der Puschkinallee 10 und Model Nadja Auermann, die die Puschkinallee 6 erwarb.
Erhart Hohenstein
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