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Landeshauptstadt: Baumstammwerfen und Steinkugelstoßen im Kilt
Schottischer Rasenkraftsport wird jetzt auch an der Spree betrieben / „Highland Games“ am 12. und 13. Juni
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Fürstenwalde - Der muskelbepackte Mann im Schottenrock schultert einen fünf Meter langen Baumstamm. Dann richtet er den 45 Kilogramm schweren Koloss senkrecht auf, balanciert ihn eine Weile und wirft ihn schließlich in die Höhe. Der Baumstamm schlägt in der Luft einen Purzelbaum und kommt senkrecht wieder auf dem Boden auf.
Wenn Kraftsportler Hans-Dieter Dorow seine Muskeln spielen lässt, ist ihm die Bewunderung der Zuschauer sicher. Obwohl sich mancher ein Lächeln nicht verkneifen kann. Denn der kraftstrotzende Baumstamm-Werfer agiert im rotkarierten Rock. „Das ist keine Frauenkleidung, sondern ein schottischer Kilt, die vorgeschriebene Wettkampfbekleidung des traditionellen schottischen Hochlandsports“, klärt Dorow auf. In Westdeutschland ist das ungewöhnliche Freizeitvergnügen seinen Angaben nach auch als Rasenkraftsport bekannt, ursprünglich eingeführt von den alliierten Truppen nach dem Zweiten Weltkrieg.
Der 50-jährige Dorow ist Chef der Fürstenwalder „Stone Walker“ (zu deutsch: Steinwanderer). Der zwölf Mitglieder zählende Verein betreibt den aus dem 11. Jahrhundert stammenden Kraftsport seit einem Jahr. Bisher gastierten die „Stone Walker“ zum Kräftemessen bei „Schottenspielen“ in Kempen, Halle/Saale oder Radeberg. Die Kraftsportler sind dann mit Lkw und Hebekran unterwegs, um ihr Arbeitsgerät zu transportieren.
Im Juni wollen die Fürstenwalder erstmals eigene „Highland Games“ auf den Spreewiesen ihrer Heimatstadt veranstalten. „Wir haben hier zwar kein klassisches schottisches Hochland zu bieten, aber immerhin die Rauener Berge in der Nachbarschaft“, sagt Dorow, der auf eine ähnliche Volksfeststimmung hofft, wie sie die „Stone Walker“ bei ihren Gastspielen in anderen Städten erlebt haben.
Wer Kraft hat und sich fit fühlt, kann sich schon jetzt für die Amateurwettbewerbe der 1. Brandenburger „Highland Games“ am 12. und 13. Juni anmelden. „Mindestens fünf Leute gleichen Geschlechts bilden einen Clan. Wir hoffen natürlich auch auf Frauenmannschaften“, sagt Sven Bertermann, Schatzmeister der „Stone Walker“. Zu den zehn Disziplinen im Mannschaftswettbewerb gehören unter anderen das Hochwerfen von Steinbrocken, das Rollen riesiger Fässer um die Wette und das „Stonelifting“. Dabei muss eine bis zu 110 Kilogramm schwere Steinkugel eine vorgegebene Strecke weit getragen und dann auf ein 1,30 Meter hohes Podest gestemmt werden. Alle Übungen sind nach Angaben der „Stone Walker“ im Laufe der Jahrhunderte aus der Praxis heraus entwickelt worden. Das Baumstammwerfen beispielsweise sei entstanden, als sich die Schotten auf diese Weise den Abtransport gefällter Bäume an Hängen erleichterten, erzählt der 40-jährige Spediteur Bertermann.
Zum Abschluss der 1. Brandenburger „Highland Games“ am 14. Juni werden die Profis von den „Stone Walkers“ sowie von befreundeten Vereinen ihre Kräfte messen. „Da geht es natürlich härter zu. Die Baumstämme werden länger und die Gewichte schwerer sein“, kündigt der Fürstenwalder Vereins-Schatzmeister an. Zum Pflichtprogramm gehört dann das schottische Hammerwerfen: Ein Eisengewicht wird rücklings über eine hohe Stange geschleudert, haarscharf vorbei am Hinterkopf des Athleten.
Die Fürstenwalder „Stone Walker“ hoffen, durch die Hochlandspiele an der Spree weitere Mitstreiter für ihren Verein zu finden, die mit Vorliebe schwergewichtige Naturgeräte stemmen. So wie Bauunternehmer Dorow, der seit 20 Jahren Kraftsport betreibt, fast täglich im Fitnessstudio mit Hanteln sowie Gewichten trainiert und bei der Suche nach einer neuen Herausforderung im Internet auf das martialisch anmutende Kräftemessen stieß.
„Eine gewisse Grund-Fitness ist für den schottischen Kraftsport schon notwendig. Wir werfen hier ja nicht mit Wattebällchen“, sagt er. Dorows größter Traum ist die Teilnahme an den echten „Highland Games“ in Schottland. Im Sommer werden dort die diesjährigen Weltmeisterschaften ausgetragen.
Bernd Kluge
Bernd Kluge
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