Landeshauptstadt: Baustelle als Schaustelle
Hunderte Potsdamer kletterten auf die Kolonnaden am Neuen Palais / 2006 Dauerausstellung der Skulpturen
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Hunderte Potsdamer kletterten auf die Kolonnaden am Neuen Palais / 2006 Dauerausstellung der Skulpturen Von Erhart Hohenstein Sanssouci - Die Möglichkeit, hoch vom Gerüst einen Blick auf die Kolonnaden zwischen den Communs zu werfen, hatte gestern bereits am Vormittag Hunderte Potsdamer ans Neue Palais gelockt. Während der stellvertretende Generaldirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, Heinz Berg, die Besucher begrüßte, waren die Karten für die Führungen schon bis 12 Uhr ausverkauft. Wer Glück hatte, konnte mit als Erster Astrid Fritzsche bis in 22 Meter Höhe auf das Schutzgerüst begleiten. Die für das Bauwerk zuständige Kustodin für Architektur und Denkmalpflege wies auf die Rekordzeit hin, in der die Kolonnaden 1768/69 als festlicher Abschluss der Platzgestaltung am Neuen Palais aufgebaut wurden. Dies schloss ein, dass sie nicht durchgängig aus Sandstein bestehen, sondern auch aus Ziegelmauerwerk und aus Stuckverkleidungen. Da das Ganze einen Anstrich erhielt, fiel die Uneinheitlichkeit nicht weiter auf. Das knapp 700 Tonnen schwere Stahlbaugerüst, das einen Hallenraum von 54000 Kubikmetern überspannt, ist trotz der hohen Kosten sinnvoll. Es dient keineswegs nur den Besucherführungen, die ab der nächsten Saison regelmäßig stattfinden sollen. Unter seinem Schutz kann das Bauwerk austrocknen. An ihm werden die Arbeitsgerüste befestigt, auf denen die Restauratoren dann ab Herbst 2006 vor Wind und Wetter geschützt ans Werk gehen können. Auch für Materialtransporte wird es genutzt. Die Kustodin erläuterte, dass sich die im Halbrund zwischen die Außenpavillons und das Triumphtor im Mittelpunkt gespannten Kolonnaden bei Sonneneinstrahlung nur nach außen ausdehnen können und die Säulen deshalb schon bis zu 13,5 Zentimeter aus dem Lot geraten sind. Dieser Prozess wird bei der bis 2012 andauernden Sanierung, für die 11,5 Millionen Euro angesetzt sind, durch eine neuartige Kuppelkonstruktion ausgeschlossen. Wer auf die Gerüstkletterei warten musste, dem bot die Stiftung Attraktionen zu ebener Erde. Dazu zählte ein Besuch des nahe gelegenen Skulpturenhofes. Er war in den 70er Jahren für Handwerker der Polnischen Werkstätten für Denkmalpflege (PKZ) eingerichtet worden, die Aufgaben in Sanssouci übernommen hatten. Jetzt warten hier auch die Skulpturen, die beim Abtragen des einsturzgefährdeten Nordteils der Kolonnaden geborgen wurden, auf ihre Aufarbeitung. Sie wurden durch die jungen Steinbildhauer Kathrin Lange und Robert Will vorgestellt. Zuvor hatte Kustodin Saskia Hüneke das Programm des Figurenschmucks erläutert, dem die Bildhauer Gebrüder Räntz und ihre jüngeren Kollegen im 18. Jahrhundert an Palais, Communs und Kolonnaden folgten. Sie stellten an antiken Gottheiten die Aufgaben des Herrschers von der erfolgreichen Kriegsführung über die wirtschaftliche Entwicklung bis zum Schutz von Wissenschaft und Künsten dar. Am Rande war zu erfahren, dass Interessenten künftig nicht mehr auf gelegentliche Veranstaltungen zu warten brauchen, wenn sie die deponierten Skulpturenschätze betrachten möchten. Die Stiftung will sie ab 2006 in einer Dauerausstellung, einem Lapidarium, zeigen. Es soll in der ehemaligen Orangerie am Nordtor zum Neuen Palais eingerichtet werden.
Erhart Hohenstein
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