Von Gudrun Janicke: „Beauty-Kur“ für Luises Schleppe
Die Preußenkönigin war schon früher ein Star. Zu ihrem 200. Todestag wird ihr Kleiderschrank geöffnet
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Potsdam/Paretz - Die prachtvolle Schleppe einer Robe von Preußen-Königin Luise (1776-1810) wird derzeit restauriert. Vom 31. Juli bis 31. Oktober ist sie in der Schau „Luise. Die Kleider der Königin“ im brandenburgischen Schloss Paretz zu bewundern. Das wertvolle Stück habe Georg Friedrich Prinz von Preußen aus seinem Besitz zur Verfügung gestellt, sagt Textilrestauratorin Sigrid Gerlitz.
Bisher war der Umhang auf der Burg Hohenzollern in Hechingen (Baden-Württemberg) zu sehen. Seit vergangener Woche macht das Stück in den Werkstätten der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg eine Beauty-Kur durch. Auf einem riesigen Tisch liegt die Schleppe zur Begutachtung: Der Stoff ist relativ gut erhalten, der Zahn der Zeit hat kaum daran genagt. Einige Stellen sind bereits dünner, andere etwas ausgebleicht, auch Bruchkanten sind auszumachen. Der Stoff schimmert hellblau bis grünlich – seladonfarben, wie Gerlitz fachmännisch den aus der Porzellanmalerei bekannten Ton benennt. Das Material wirkt schwer. 1805 kamen Kleid und Schleppe in den königlichen Haushalt.
„Vermutlich wurde die Garderobe in Berlin oder in Paris genäht“, erläutert Gerlitz. Genaueres sei nicht bekannt. Auch zu welchen Anlässen Luise das Stück aus dem Kleiderschrank holen ließ, vermerkten die Hofberichterstatter oder Archive nicht. Es heißt, sie soll das Ensemble bei der Begegnung mit Kaiser Napoleon I. in Tilsit getragen haben.
Belegt ist aber, dass sie damals „einen weißen Crêpe mit Silber bestickt, ihren Perlenschmuck und ein Diadem von Perlen im Haar“ trug. Vermutlich hat Luises Robe ein Vorbild: Joséphine Bonaparte trug eine ähnliche – allerdings mit Goldstickerei – bei ihrer Krönung zur Kaiserin von Frankreich 1804.
Luise wird ihre Hofschleppe zusammen mit dem dazugehörigen repräsentativen Kleid zu offiziellen Anlässen am Berliner Hof angelegt haben. Taufen, Geburtstage und Empfänge gab es damals sehr häufig – und laut Hofetikette trugen die Damen dann große Robe mit Schleppe. Gemälde, die die Preußen-Königin mit dem noch heute bezaubernd wirkenden Ensemble zeigen, gibt es leider nicht.
Blickfang ist die imposante und aufwendige Stickerei, an der mehrere Stickerinnen vermutlich Wochen arbeiteten. „Faszinierend ist auch nach 200 Jahren die besondere Kunstfertigkeit, die speziellen Techniken, die es nur bei der Silberstickerei gibt“, schwärmt Gerlitz.
Das Muster entwickelt sich von einem zarten Blütenstreifen zu einem breiten Band am Saum. Manchmal ist nur für den Fachmann mit einem Blick durch die Lupe erkennbar, wo ein Stich fehlt, ein Silberfaden gerissen oder ein filigranes Muster nicht komplett ist. Kleine weiße Papierschnipsel weisen auf Fehler hin. Gerlitz: „Aber nicht alles, was defekt ist, wird ausgebessert.“ Die Schleppe verlor später ihre Bedeutung als königliches Accessoire. Luises Mann Friedrich Wilhelm III. war kein Freund der Repräsentation. Die Damen am Hof griffen schließlich vermehrt zu Kleidern und Tuniken. Die Paretzer Schau lässt die Mode jener Zeit wiederauferstehen und zeigt auch Gesellschaftskleider von Luise: kurze Jäckchen – genannt Spenzer –, Hüte, Kaschmirtücher, einen Morgenrock. Bilder der Monarchin vermitteln einen Eindruck von ihrem Geschmack.
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Gudrun Janicke
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