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Plattner und der Streit ums Kulturgutschutzgesetz: Bedenken ausgeräumt – und alle Fragen offen

Hasso Plattner hat gedroht, seine Kunstsammlung nicht in Potsdam zu zeigen, sollte das Kulturgutschutzgesetz kommen. Nun haben der Bund und Plattner geredet – geklärt ist der Verbleib seiner Sammlung aber noch nicht.

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Potsdam - Die Kunst für Potsdam ist noch nicht gerettet. Zumindest nicht endgültig. Zwar heißt es aus dem Bundesministerium für Kultur und Medien (BKM), man habe im Wesentlichen alle Bedenken Hasso Plattners ausgeräumt. Der allerdings übt weiter scharfe Kritik an dem von Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) geplanten Kulturgutschutzgesetz, das die Ausfuhr von national wertvollen Kulturgütern beschränken soll.

Wie berichtet will Hasso Plattner nicht, wie angekündigt, seine gesamte Kunstsammlung nach seinem Tod in Potsdam zusammenführen. Ein besonders wertvoller Teil mit Werken etwa von Monet, Renoir, Munch und Nolde würde in den USA verbleiben und nicht im derzeit entstehenden Museum Barberini gegenüber vom neuen Landtagsschloss ausgestellt – sollte das neue Kulturgutschutzgesetz in Kraft treten. Für die Landeshauptstadt wäre das – da ist sich die Politik einig – ein unschätzbarer Verlust. Bereits jetzt hat Plattner nach eigenen Aussagen zwei unabhängige Gutachten zu seiner Sammlung in Auftrag gegeben, die erstellt werden, sobald das Gesetz steht.

Eröffnungsausstellung im Palast Barberini findet doch statt

In der vergangenen Woche hatte das BKM angekündigt, sich mit Hasso Plattner in Verbindung zu setzen, was auch passierte. Aber: „Ich habe nicht mit der Ministerin gesprochen“, sagte der Potsdamer Mäzen den PNN am Montag. Geredet wurde trotzdem, es sei aber bis auf Weiters Stillschweigen vereinbart worden, bis die Gesetzesvorlage formuliert sei.

Immerhin: Die von Plattner geplante Eröffnungsausstellung im derzeit entstehenden Palast Barberini mit Werken des Impressionismus und der Moderne kann, so Plattner, stattfinden. „Die Einfuhr und Wiederausfuhr für die Ausstellung kann per Gesetz garantiert werden“, sagte er den PNN. Dennoch hält er daran fest: „Die Aussagen der Ministerin und die heutigen Eintragungen sind zum Teil widersprüchlich. Wir müssen die endgültige Formulierung abwarten und dann die Sammlung dagegen prüfen.“

Konstruktives Gespräch mit Hasso Plattner

Beim BKM formuliert man es deutlich positiver: „Es gab Ende letzter Woche ein ausführliches, sehr konstruktives Gespräch mit Hasso Plattner, bei dem seine Bedenken ausgeräumt werden konnten“, sagte Grütters Sprecher Hagen Philipp Wolf den PNN am Montag. Die jahrzehntelange Praxis, nach der Kunstwerke durch eine Sachverständigen-Kommission als national wertvoll eingestuft werden, ändere sich durch das geplante Gesetz nicht. Überhaupt könnten unter das geplante Gesetz, das derzeit noch den Status eines Referentenentwurfs hat, nur besonders herausragende Kunstwerke fallen, die emblematisch für die deutsche Kunst und Kulturgeschichte sind, die zudem identitätsstiftend für Deutschland oder eine bestimmte deutsche Region seien, die älter als 70 Jahre seien und eine Wertgrenze von 300 000 Euro übersteigen. „Die ganze zeitgenössische Kunst ist damit ausgenommen“, so Wolf. „Wir reden hier über einmalige Werke wie die Humboldt-Tagebücher. Die Sammlung von Herrn Plattner wird durch das geplante Gesetz nicht betroffen sein.“

Genau hier aber sieht Plattner einen Widerspruch: Zwar seien nach dem derzeitigen Entwurf keine ausländischen Künstler betroffen – „und doch macht die Ministerin Aussagen zu den Warhols in Nordrhein-Westfalen.“ Zum Hintergrund: Bei den Warhols, auf die Plattner anspielt, handelt es sich um zwei Arbeiten des Pop-Art-Erfinders aus dem Besitz der Westdeutschen Spielbanken. Das Land NRW hatte keine Möglichkeit gesehen, die Versteigerung der beiden Bilder „Triple Elvis“ und „Four Marlons“ zu verhindern. Für Wolf stehen die Arbeiten Andy Warhols, um die es hier geht, auch in keinem Zusammenhang mit Plattners Sammlung. „Das waren in Deutschland die ersten, bevor Warhol überhaupt berühmt wurde.“ Zudem habe das Land NRW die Werke nicht aufgenommen, sie seien damit nicht national wertvoll.

Plattner: "Warum sollte mein Kandinsky nicht dazu gehören?"

Eben um die Definition, was nun „nationales Kulturgut“ ist und was nicht, geht es aber auch Plattner. Kunst sollte, sagt er, ein freies Gut sein, dessen Handel nicht durch Staat oder Kirche reglementiert werden dürfe. „Das Beispiel Spanien zeigt die ganze Problematik“, sagt er. Dort werde etwa ein unterdurchschnittlicher Picasso zum nationalen Kulturgut erklärt – „und per Zollfahndung in Frankreich sichergestellt“. Auch Bayern habe 48 Kandinskys auf seiner Liste nationaler Kulturgüter eintragen lassen – „warum sollte meiner nicht dazu gehören?“, fragt er.

Tatsächlich finden sich auf der bayerischen Liste viele Kandinskys – was aber schlüssig ist, schließlich hat der russische Expressionist zeitweise dort gelebt und gearbeitet. Dementsprechend finden sich auch Motive der Region in seinen Werken. Nach der Definition des BKM könnten sie damit emblematisch für die deutsche Kunst geworden sein. Ob das bei Plattners Werken der Fall ist, wird sich – nach jetzigem Stand – erst zeigen, wenn die Werke der Sammlung bekannt werden.

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