Aus dem GERICHTSSAAL: Befangener Gutachter?
Berufungstermin zu tödlicher Injektion geplatzt
Stand:
Die Berufungsverhandlung vor dem Landgericht wegen einer tödlichen Injektion gegen Katzenhaar-Allergie ist gestern geplatzt. Der Verteidiger des angeklagten Mediziners Dr. Hans-Joachim L. (59) stellte einen Befangenheitsantrag gegen den Gutachter Prof. Dr. Karl-Christian Bergmann. Dieser soll auf einem wissenschaftlichen Symposium – noch bevor er mit der Bewertung der Umstände betraut wurde, die zum Ableben des 33-jährigen Potsdamers Alexander T. führten – geäußert haben: „In Deutschland hat vor kurzem ein Hautarzt aus monetären Gründen einen Patienten mit Katzenhaar-Allergie zu Tode hyposensibilisiert.“ Zudem habe besagter Kollege in seiner Praxis weder über Adrenalin noch eine Notfallausrüstung verfügt. Professor Bergmann verwahrte sich vehement gegen diese Beschuldigung. Die Verteidigung hatte bereits während der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht am 18. April 2007 einen Befangenheitsantrag gegen den Gutachter gestellt, war hier allerdings gescheitert. Die zweite Instanz setzte den Prozess aus, möchte zwei Zeugen, darunter die Tochter des Angeklagten, hören, die den Wortlaut angeblich bestätigen können.
Sowohl Dr. Hans-Jochim L. als auch die Staatsanwaltschaft gingen gegen das Urteil der ersten Instanz – 9600 Euro Geldstrafe wegen fahrlässiger Tötung – in Berufung. Der Angeklagte strebt einen Freispruch an, die Staatsanwaltschaft eine Freiheitsstrafe, da die Sorgfaltspflichtverletzung des langjährigen Hautarztes aus ihrer Sicht als gravierend einzustufen sei.
Rückblende: Alexander T., ehemaliger Leistungssportler und junger Familienvater, litt unter Asthma und Katzenhaar-Allergie. Um letztere in den Griff zu bekommen, unterzog er sich einer Immuntherapie. Bei der ersten Spritze in der Praxis von Dr. L. ging noch alles gut. Nach der zweiten Injektion zeigten sich Nebenwirkungen. Die dritte Behandlung verlief wieder problemlos. Nach einer vierten Injektion am 14. Juni 2004 verstarb der junge Mann trotz sofort eingeleiteter Rettungsmaßnahmen an einem allergischen Schock. Das vom Angeklagten verwendete Medikament gegen Katzenhaar-Allergie darf nur bei einer leichten bis mittelschweren Form von Asthma verwendet werden. Alexander T. litt offenbar unter einer schweren Erkrankung. Zudem klagte er einige Tage vor der verhängnisvollen vierten Spritze über grippeähnliche Symptome. Als verantwortungsvoller Arzt hätte Dr. Hans-Joachim L. die Immuntherapie erst fortsetzen dürfen, wenn diese Beschwerden abgeklungen und das Asthma vollständig unter Kontrolle gewesen wären, so ein Gutachter damals vor dem Amtsgericht. Der Neustart der Berufungsverhandlung erfolgt voraussichtlich noch im Oktober. Hoga
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