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Rehab Almenr sucht am Hasso-Plattner-Institut nach Lösungen für sichere und vertrauensvolle Geschäfte im Internet
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Obwohl Computer längst nicht mehr nur Männersache sind, bleibt die Informatik weiterhin eine ausgesprochene Männer-Domäne. Doch es gibt Ausnahmen. Die PNN stellen in den kommenden Wochen erfolgreiche Informatikerinnen aus Potsdam vor.
Es ist ein gut gemeinter Rat: „Mache keine Geschäfte mit Leuten, die du nicht kennst!“ Im digitalen Zeitalter ist das schwierig, da werden im Internet ganze Flugzeuge verkauft, ohne dass sich Käufer und Verkäufer zu Gesicht bekommen. Rehab Alnemr hat da eine Idee: ein einheitlich gestaltetes Vertrauens-Zeugnis für Händler, die sich auf den verschiedensten Online-Marktplätzen tummeln. So, wie Verkäufer auf Portalen wie ebay nach einem abgewickelte Geschäft für Service, Lieferzeit oder Warenqualität bewertet werden, will sie ein Standard-Programm für ein universelles Vertrauens-Management in der gesamten eMarket-Welt entwickeln.
Hinter ihrer Idee steht kein geringerer als das Institut von Software-Guru und SAP-Mitbegründer Hasso Plattner in Potsdam. An dem exklusiven Campus ist Rehab Alnemr Mitglied in einem fachgebietsübergreifenden Forschungskolleg, in dem sie mit weiteren IT-Doktoranden nach neuen und vor allem nützlichen Software-Lösungen sucht. „Ein Standardformat für die Reputation von Online-Händlern würde die Sicherheit und das Vertrauen für Internetgeschäfte deutlich steigern“, beschreibt die junge Ägypterin ihren Ansatz. Egal ob Reiseveranstalter, Buchhändler, Autoverkäufer, Modedesigner oder Biokost-Lieferanten – mit einem Gütesiegel, das viele nützliche Kriterien für eine Nutzerkontrolle beinhaltet, haben es Kunden und Dienstleister einfacher. Für Erstere sinkt die Hemmschwelle, für einen zunächst virtuellen Einkauf wirkliches Geld auszugeben. Für Verkäufer ist eine gute Referenz hilfreich, wenn sie neue Kunden gewinnen sowie ihre Aktivitäten und Geschäfte auf andere Markt-Portale ausweiten wollen.
„Das macht den Kaltstart einfacher“, meint die IT-Expertin. „Wenn man eine hohe Reputation hat, kommen die Kunden eher“, beschreibt sie ganz simple Reflexe. Das sei wie im wirklichen Leben, „und das versuche ich ins Internet zu transportieren“, sagt sie. Den Betreibern sämtlicher Verkaufsportale im world wide web stünde es frei, sich des Bewertungssystems zu bedienen. Im kommenden Jahr will die Forscherin ihre Arbeit präsentieren.
Seit drei Jahren forscht die Ägypterin am Hasso-Plattner-Institut (HPI). 2007 hat sie auf einer Konferenz HPI-Geschäftsführer Christoph Meinel kennengelernt und mit ihm verabredet, dass er sich bei ihr meldet, wenn er ihr ein Stipendium anbieten kann. Drei Monate später war sie in Potsdam. Professor Meinel muss demnach gefallen haben, was Rehab Alnemr auf der Tagung in Kairo erzählt hat, als sie ihre Masterarbeit zu „Sicherheit für Mobilfunktelefone“ vorstellte. Handys und Computer sind in Kairo längst keine Statussymbole mehr, sondern Standardausrüstung. Software-Firmen wie Microsoft, IBM oder SAP gehören zum Stadtbild. Rehab Alnemr hat ihren ersten PC bekommen, als sie elf war. „Der war sehr groß und sehr alt“, erinnert sie sich. Sie hat sich für Science Fiction-Filme interessiert, war begeistert, was in der Fantasiewelt alles möglich war und hat sich damals schon gefragt – während sie ihre ersten DOS-Programmierstunden bekam –, ob man solche Dinge irgendwann auch mal wirklich mit einem Computer anstellen kann. Studiert hat sie dann in Kairo an der ersten deutschen Universität außerhalb Deutschlands.
Ungewöhnlich sind in Ägypten – genau wie in Deutschland – Frauen in der IT-Branche. „Es gibt viele Frauen, die interessiert, aber gehemmt sind durch Stereotypen, dass Technologie Männersache ist“, meint Rehab Alnemr. Der Google Award for Women & Technology, der an die Verdienste der amerikanischen Informatikerin und Frauenrechtlerin Anita Borg erinnern soll, hilft, diesen Vorurteilen und Hemmnissen zu begegnen. Rehab Alnemr war in diesem Jahr für den Preis nominiert. „Gewonnen habe ich ihn nicht“, sagt sie, „aber ich weiß, dass Frauen eine Chance haben, in der IT-Welt zu bestehen.“ Peter Könnicke
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