Aus dem GERICHTSSAAL: Behinderter Hausmeister verletzt
Angreifer muss 500 Euro Geldbuße zahlen
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Befinden sich die Vertreter von Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung bereits im Saal, ohne dass die betreffende Strafsache aufgerufen wird, kann man davon ausgehen, dass hinter verschlossenen Türen Absprachen getroffen werden. Das ist nichts Ehrenrühriges, sondern üblich, um gewisse Verfahren nicht unnötig in die Länge zu ziehen. Kommt der Verteidiger dann heraus, spricht in einer ruhigen Ecke des Flurs mit seinem Mandanten, scheint gar eine Einstellung des Verfahrens im Raum zu stehen.
So wie beim Prozess am gestrigen Freitag wegen gefährlicher Körperverletzung im Saal 22 des Amtsgerichts. Nachdem die Strafsache Benno B.* mit halbstündiger Verspätung aufgerufen wurde, war sie schnell wieder zu Ende. Laut Anklage soll der 34-Jährige am 5. April 2013 den Hausmeister des Gebäudes Geschwister-Scholl-Straße 54 verletzt und übel beleidigt haben. Das Objekt wurde damals saniert, Benno B. war als Maler eingesetzt.
Als sich der Hausmeister, der auch für die Ordnung auf der Baustelle verantwortlich war, gegen 18.15 Uhr nach dem Feierabend der Bauarbeiter erkundigen wollte, soll Benno B. den älteren Herrn grundlos von hinten zu Boden gestoßen und sich auf ihn gesetzt haben. Laut Staatsanwaltschaft habe er ihn als „Schwein“ und „Idiot“ bezeichnet, seinen Unterarm um den Hals des Angriffsopfers gelegt und ihn gewürgt. Als es dem Verblüfften gelang, zu fragen, was das soll, habe der Angeklagte entgegnet, „er sei doch nicht sein Sklave“. Anschließend habe er den inzwischen am Boden Liegenden mehrfach mit seinen festen Arbeitsschuhen gegen den Oberkörper getreten. Der Mann erlitt zahlreiche Prellungen und Hautabschürfungen. Der Verdacht einer Rippenfraktur bestätigte sich glücklicherweise nicht.
Benno B. machte auf Anraten seines Anwalts keine Ausführungen zum Tathergang. Er sagte lediglich, dass er selbstständig sei. Wieviel Geld der wegen mehrfachen Verstoßes gegen das Waffengesetz Vorbestrafte mit seiner Tätigkeit verdient, verschwieg er. Weil diese Verurteilung bereits einige Jahre zurückliegt, könne das Verfahren wegen gefährlicher Körperverletzung – wie vorher besprochen – gegen eine Geldbuße von 500 Euro eingestellt werden, erklärte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft. Das Gericht stimmte dem zu und auch der Angeklagte, der so ohne eine neue Verurteilung aus der Sache herauskam.
Nicht ganz zufrieden mit dieser Entscheidung war Rechtsanwalt Sven Horn. Er vertrat das als Nebenkläger auftretende Opfer des Übergriffs, das während der Verhandlung nicht vernommen wurde. „Mein Mandant ist schwerbehindert. Er kann nur noch auf einem Auge sehen, außerdem hört er extrem schlecht“, so der Jurist. Am Tattag habe der Hausmeister, dessen Aufgabe es unter anderem war, die Alarmanlage scharf zu schalten, sein Hörgerät nicht getragen. „Er konnte nicht wahrnehmen, dass er gleich angegriffen wird. Die Tat war sehr verwerflich“, betonte der Anwalt.
An der Entscheidung des Gerichts änderte das nichts. Benno B. hat bis zum Jahresende Zeit, die Geldauflage in monatlichen Raten zu je 100 Euro zu zahlen. Dann wird die Akte endgültig zugeklappt. (*Name geändert.) Hoga
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