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Landeshauptstadt: Behörden-Ebay

Stadt Potsdam geht mit Ventilwächtern und Erzwingungshaft gegen Schuldner vor

Stand:

Potsdam bereitet sich auf eine neue Art von Schulden-Rückzahlungen vor – das „Behörden-Ebay“. Sachen, die von Zahlungsunfähigen und -unwilligen gepfändet werden, sind künftig in einer Internet-Datenbank zu finden. Da könne international geboten werden, was höhere Preise erziele, sagte gestern Christian Merling, Arbeitsgruppenleiter Vollstreckung der Stadtkasse. Derzeit versucht die Stadtverwaltung, 16,8 Millionen Euro Außenstände zu vollstrecken. Die Stadt Potsdam muss jährlich einen Millionenbeitrag abschreiben, weil von Schuldnern keine Zahlungen mehr zu erwarten seien.

Die Zahl der Schuldner ist laut Dietmar Liese, Chef der Stadtkasse Potsdam, seit Jahren steigend. Daher müsse sich die Verwaltung immer wieder Neues einfallen lassen, um Steuer- und Bußgeldschuldner zur Zahlung zu bewegen. Zuletzt mit Erfolgen, so Liese. Immer wieder werde Erzwingungshaft beantragt. Merling ist jedoch kein Fall bekannt, in dem die Schuldner ins Gefängnis gingen. Sie würden zahlen. Auch die seit zwei Monaten eingesetzten Ventilwächter – die einen kontrollierten platten Autoreifen erwirken sollen – hätten bereits gewirkt. Nach mehrfachen Mahnungen an den Privatfahrzeugen angebracht, hätten sie laut Merling einen Gewerbetreibenden am 23. Dezember 2005 dazu gebracht, die geschuldeten 10 000 Euro sofort zu überweisen. Auch eine Künstlerin hätte nach dem Einsatz der Ventilwächter reagiert und neben den Zahlungen ein Gedicht bei den Verwaltungsbeamten abgegeben. Zitierfähig sei dies jedoch nicht, so Merling.

„Die Leute reagieren sensibel, wenn es um ihr Fahrzeug geht“, sagte der oberste Vollstrecker. Beschimpfungen und Gewalt-Androhung gegen die Außendienstmitarbeiter seien dabei Alltag. Doch häufig sei das Fahrzeug das einzig Verwertbare, das Schuldner noch hätten. Jedoch dürfe nicht jedes Fahrzeug per Parkkralle oder Ventilwächter stillgelegt werden, so Liese. Handelt es sich beispielsweise um ein Leasing-Fahrzeug, müsste die Pfändung wieder aufgehoben werden. Die 18 städtischen Vollstreckungsbeamten befänden sich dabei ständig in Konkurrenz zu anderen Gläubigern. Denn seit sechs Jahren gibt es den staatlichen Vorteil, als erster bedient zu werden, nicht mehr. Daher soll künftig schneller und effizienter gearbeitet werden, so Liese. Er betonte, nicht immer sei man aufgrund von Zahlungsunfähigkeit Schuldner. Einige seien seit 14 Jahren Dauerschuldner, bei anderen werde gegen mehrere Generationen in der Familie vollstreckt. Jan Brunzlow

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